Hodenkrebs hat hohe Heilungsraten
„Krebs ist ein Arschloch“, sagt der ehemalige Piraten-Politiker Claudius Holler, der gerade auf Youtube um Geld für eine Chemotherapie bittet. Holler ist an Hodenkrebs erkrankt. Krankenversichert ist er nicht, weil sein Unternehmen pleite machte, wie er sagt. Die Chemotherapie wird er trotzdem bekommen. Die Therapiekosten samt der Schulden bei seiner Krankenkasse, die sich mittlerweile auf über 9.000 Euro belaufen, wird er aber zurückzahlen müssen. Darum das Video und die Bitte um eine Spende. Viele User sind seinem Aufruf schon gefolgt, liest man in den Sozialen Medien. Das ist gut so: Denn mit einer Chemotherapie wird er höchst wahrscheinlich überleben.
Mit Chemotherapie Heilungschancen von über 90 Prozent
In Deutschland werden jedes Jahr rund 4.000 Fälle von Hodenkrebs diagnostiziert. Die meisten Männer erkranken zwischen 25 und 45 Jahren; das mittlere Erkrankungsalter liegt exakt bei 38 Jahren. Holler ist mit seinen 38 Jahren darum der typische Hodenkrebs-Patient. In dieser Altersgruppe ist Hodenkrebs die häufigste Tumorart bei Männern. Die Heilungsraten sind erfreulicherweise hoch. Rund 94 Prozent der Betroffenen überleben ihren Krebs.
Weniger gefährlich als andere Krebsarten ist Hodenkrebs dennoch nicht, erklärt Urologe Prof. Jan Roigas, Chefarzt der Vivantes Kliniken Am Urban und Friedrichshain in Berlin. „Hodenkrebs kann leicht metastasieren und durchaus gefährlich werden“, sagt er. Früher sei die Erkrankung sogar extrem schwer heilbar gewesen, doch das habe sich Dank der Einführung des Chemotherapeutikums Cisplatin in den 1970er Jahren kolossal verändert. „Seither haben wir selbst bei metastasierten Hodentumoren hohe Heilungsraten“, so Roigas. Allerdings gebe es Patienten, die nicht darauf ansprechen und dann eben doch an einem Hodentumor versterben, schränkt er ein. Deshalb sei auch bei dieser Krebserkrankung die Früherkennung so wichtig.
Hodenkrebs müssen die Männer selbst erkennen
Ein Früherkennungsprogramm bei Hodenkrebs gibt es jedoch nicht. Jeder Mann sollte sich daher mindestens einmal im Jahr die Hoden selbst abtasten, besser noch öfter. Insbesondere für Männer zwischen 25 und 45 Jahren ist die Selbstuntersuchung unverzichtbar. Ein erster Hinweis ist in den meisten Fällen eine einseitige schmerzlose Vergrößerung oder Verhärtung des Hodens. Hinzukommen kann ein Schwergefühl oder ein Ziehen im Hodenbereich. „Derartige Veränderungen sollten unbedingt von einem Urologen abgeklärt werden“, mahnt Hodenkrebsexperte Roigas.
Zur Abklärung des Verdachts auf Hodenkrebs wird der Arzt den Hoden klinisch und per Ultraschall untersuchen. Außerdem wird er dem Patienten Blut abnehmen, um die beiden Tumormarker Alpha-Fetoprotein und Beta-HCG zu bestimmen. Mit dieser schmerzlosen Untersuchung steht die Diagnose meist schon fest. Absolute Gewissheit bringt dann letztlich die Operation.
Fruchtbarkeit bei Hodenkrebs immer gefährdet
Bei Hodenkrebs ist meist nur ein Hoden vom Tumor befallen. Bei der Operation wird der vom Krebs befallene Hoden entfernt. Dadurch wird die Fruchtbarkeit in Mitleidenschaft gezogen, da auch der gesunde verbleibende Hoden den Eingriff offenbar nicht kompensieren kann. „Wir raten deshalb jungen Männern vor Beginn der Therapie, Samen in einer Samenbank zu deponieren. Zumal Chemotherapie und Bestrahlung die Fertilität weiter schädigen können“, erklärt der Urologe.
Männer, in deren Familie bereits Hodenkrebs aufgetreten ist, sind besonders gefährdet an einem Hodentumor zu erkranken. Ein hohes Risiko haben auch jene, die im Kindesalter wegen eines Hodenhochstands operiert worden sind. Und wer schon einmal selbst Hodenkrebs hatte, hat ein hohes Risiko ein weiteres Mal zu erkranken. Roigas: „Männer mit diesen Risikofaktoren sollten besonders wachsam sein.“
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