Hodendrehung bei Jungen muss sofort operiert werden
Schon vor der Pubertät können bei Jungen Hodenschmerzen auftreten. Dafür kommen verschiedene Ursachen in Frage. Häufig sind die Schmerzen Folge einer Entzündung aufgrund von Bakterien oder Viren. Seltener ist eine Hodendrehung (Hodentorsion), welche allerdings besonders gefährlich ist und innerhalb weniger Stunden operiert werden muss. Dabei dreht sich der Hoden mit dem Nebenhoden um den Samenstrang und die Blutzirkulation über die versorgenden Gefäße wird gestört.
Nicht rechtzeitig behandelt, kann eine Hodendrehung bereits nach sechs bis acht Stunden zum Absterben der spermienbildenden Zellen führen. Dauerhaft verminderte Fruchtbarkeit und ein äußerlich beeinträchtigtes Genital sind dann die Folge. Wenn nach etwa zwölf Stunden dann auch die hormonproduzierenden Zellen, die sogenannten Leydig-Zellen, zugrunde gehen, droht sogar der Verlust des Hodens. Die neue Leitlinie „Akutes Skrotum“, die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) entstanden ist, macht nun auf diese Folgen aufmerksam.
Hodendrehung rechtzeitig erkennen
Hodendrehungen können in jedem Lebensalter auftreten. Ursache sind oft besonders locker befestigte und damit im Hodenfach sehr bewegliche Hoden. Aber auch Kinder mit einem verspäteten, also nicht bis zur Geburt erfolgten Abstieg eines oder beider Hoden in den Hodensack haben ein bis zu zehnfach erhöhtes Torsionsrisiko. „Im Kindes- und Jugendalter gibt es jedoch Besonderheiten gegenüber Erwachsenen, die Diagnose und Therapie erschweren“, erklärt Professor Christian Lorenz, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Klinikum Bremen-Mitte, der die Erstellung der Leitlinie koordiniert hat.
Dies hängt auch mit den zwei Altersgipfeln der Hodendrehung bei jungen Patienten zusammen: Neben einem kleineren Häufigkeitsgipfel für die Hodentorsion im ersten Lebensjahr sind vor allem Jungen zwischen dem 12. und 18. Geburtstag betroffen. Das Problem: Während sich die sehr kleinen Patienten noch nicht präzise äußern können, tun betroffene Jungen dies in der Pubertät oft aus Scham nicht – oder zu spät, wie Lorenz beschreibt. „Dies kann dazu führen, dass die Drehung oft schon Stunden zurückliegt, bis wir die Patienten sehen, und die Prognose für den Hoden trotz zügig eingeleiteter Operation entsprechend schlecht ist.“ Deshalb sei ein akutes Skrotum immer ein Notfall mit höchster Dringlichkeit.
Rechtzeitige Operation kann den Hoden retten
Bei der Operation wird der betroffene Hoden in seine ursprüngliche Lage zurückgedreht, so dass die Durchblutung wieder möglich ist und der Hoden erhalten werden kann. Auch wird er mit zwei bis drei Nähten gesondert im Hodenfach befestigt; man bezeichnet diesen Teil des Eingriffs auch als Orchidopexie. Die neue Leitlinie empfiehlt die Orchidopexie auch für den bislang unauffälligen Hoden auf der Gegenseite, um so einer möglichen Torsion vorzubeugen. Nur wenn der Hoden unwiederbringlich geschädigt ist, muss er entfernt werden. Dann wird das leere Hodenfach durch ein Implantat aus Kunststoff aufgefüllt.
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