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Hirnstimulation hilft bei Tourette

Samstag, 13. Juni 2015 – Autor:
Das Tourette-Syndrom geht oft mit einem hohen Leidensdruck der Betroffenen einher. Eine Studie macht nun Hoffnung. Demnach kann die tiefe Hirnstimulation schwerkranken Tourette-Patienten helfen und Tics vermindern.
Tourette-Syndrom

In Deutschland leiden schätzungsweise 40.000 Menschen unter Tourette – Foto: Miriam Dörr - Fotolia

Menschen, die an einem Tourette-Syndrom leiden, müssen immer wieder unwillkürliche Bewegungen oder Lautäußerungen ausüben, ohne diese kontrollieren zu können. Als Ursache dieser sogenannten Tics gelten Störungen in den motorischen und somatosensorischen Schaltkreisen zwischen Kortex, Thalamus und Striatum. Typischerweise nehmen die Tics bei wachsender Erregung oder Anspannung zu und nehmen bei Entspannung ab. Völlig kontrolliert werden können sie jedoch nicht.

Bei den meisten Betroffenen nimmt das Tourette-Syndrom beim Eintritt in das Erwachsenenalter ab. Einige leiden jedoch dauerhaft an schweren Tics und sprechen auch nicht auf Medikamente wie Antipsychotika, Benzodiazepine oder Antikonvulsiva an. Für diese Patienten könnte die tiefe Hirnstimulation (THS) in Zukunft eine Behandlungsoption darstellen.

Reduzierung der Tics durch Hirnstimulation

Die tiefe Hirnstimulation wird bereits seit Jahren an Tourette-Patienten erprobt, doch klare Ergebnisse konnten bisher nicht verzeichnet werden, da es sich meist nur um Einzelfallberichte oder nicht kontrollierte Studien handelte. Nun wurde erstmal eine placebokontrollierte Studie am National Hospital for Neurology and Neurosurgery in London durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Lancet Neurology“ veröffentlicht.

Für die Untersuchung implantierte das Forscherteam um Dr. Zinovia Kefalopoulou bei 15 Patienten Elektroden in den anteriomedialen Teil des Globus pallidus internus (GPi). Bei der Hälfte der Patienten wurden die Elektroden in den ersten drei Monaten nicht angeschaltet, bei den übrigen schon; danach wurde gewechselt. Patienten und Ärzte wussten nicht, bei wem die Stimulatoren jeweils angeschaltet waren.

Auf der Yale Global Tic Severity Scale (YGTSS), einer Skala für die Schwere von Tics, wiesen die Tourette-Patienten vor Behandlungsbeginn einen durchschnittlichen Wert von 88 Punkten auf; Werte über 50 Punkte gelten als sehr schwer. Es zeigte sich, dass durch die tiefe Hirnstimulation die Werte signifikant zurückgingen, nämlich auf 68 Punkte. Während der Scheinstimulation verbesserten sie sich hingegen nur auf 81 Punkte.

Tourette-Patient wurde fast beschwerdefrei

Während die vokalen Tics weniger gut ansprachen, gingen vor allem die motorischen Tics deutlich zurück. Auch die Lebensqualität der Tourette-Patienten verbesserte sich, und Depressionen sowie zwanghaftes Verhalten gingen zurück. Nach einem halben Jahr wurden die Elektroden bei allen Patienten eingeschaltet. In den folgenden 12 Monaten sank der YGTSS-Wert auf 51,5 Punkte.

Die Resultate durch die tiefe Hirnstimulation waren bei den einzelnen Betroffenen allerdings sehr unterschiedlich. Während sich bei sechs Patienten fast keine Unterschiede zeigten, gab es bei anderen Verbesserungen um bis zu 48 Punkte. Bei einem Tourette-Patienten sank der Symptom-Wert von 93 auf vier Punkte, womit er praktisch beschwerdefrei wurde. Die Studienautoren hoffen, dass die Behandlungsmethode durch weitere Forschungen noch verbessert werden kann.

Foto: © Miriam Dörr – Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin

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