Hinter Knochenbrüchen kann Osteoporose stecken

Mehr als 600.000 Knochenbrüche registrieren die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland pro Jahr. Viele Betroffene denken nicht daran, dass hinter einer Fraktur Osteoporose stecken kann – und nicht einmal jeder Arzt. – Foto: AdobeStock/NtDanai
Bricht man sich beim Skifahren oder Fußballspielen den Unterschenkel oder den Arm, ist das begreiflich – schließlich geht es da hart zur Sache. Geschieht das Gleiche in unspektakulären Alltagssituationen, in denen die Krafteinwirkung für solche Verletzungen eigentlich zu klein ist – etwa wenn man ein Mäuerchen hinunterspringt oder im Haushalt einfach stolpert – dann kann das ein Alarmsignal sein für Knochenschwund, für Osteoporose. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hin.
Knochenschwund kann früh beginnen
„Knochenschwund kann bereits früh beginnen und sowohl Frauen als auch Männer betreffen“, sagt Heike Siggelkow, Ärztliche Leiterin am Endokrinologikum der Universitätsmedizin Göttingen. Etwa sechs Millionen Menschen in Deutschland haben laut DGE eine Osteoporose. Frauen sind mit einem Anteil von 80 Prozent aber ungleich häufiger von dieser Knochenkrankheit betroffen als Männer. Was viele überraschen mag: Osteoporose betrifft nicht nur Ältere, sondern kann schon in jüngeren Jahren auftreten.
Diese Knochenbrüche sind osteoporose-typisch
Ein Knochenbruch, der eher Folge einer Ungeschicklichkeit im Alltag ist als eines regelrechten Unfalls, kann ein erstes Warnsignal dafür sein, dass etwas mit der Knochenmineraldichte im Körper nicht (mehr) stimmt. „Brüche an den Wirbelkörpern, Schenkelhals, Oberarm und Unterarm sind typisch für Osteoporose“, sagt Ärztin Siggelkow. Auch Becken- oder Unterschenkelbrüche können hierauf zurückzuführen sein. Ist die Knochensubstanz im Skelett durch Osteoporose geschwächt – kann dies zu weiteren Frakturen oder sogar zu chronischen Schäden führen und das Leben nachhaltig verändern.
Mögliche Folgen von Osteoporose:
- Abnahme der Körpergröße
- Krümmung der Wirbelsäule aufgrund von Brüchen der Wirbelkörper (Kyphose)
- chronische Rückenschmerzen
- dauerhafte Behinderung und Verlust der Eigenständigkeit
- verkürzte Lebenserwartung.
Auffällige Brüche: „Immer auch an Osteoporose denken“
Die DGE ermuntert Patienten wie Ärzte dazu, bei Frakturen ohne gravierendes Unfallereignis die Osteoporose immer im Hinterkopf zu haben. „Neben der optimalen chirurgischen Versorgung des gebrochenen Knochens sollte immer auch die Abklärung einer möglichen Erkrankung des Knochens erfolgen“, rät die DGE. Nur so könne frühzeitig mit einer maßgeschneiderten Therapie der Ursache begonnen werden; nur so könnten weitere Frakturen verhindert werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass auch von sportlicher Betätitigung eine wirksame präventive Wirkung ausgehen kann: weil eine stärkere Beanspruchung des Körpers mit einer zunehmenden Knochenmasse einhergeht und die Knochendichte zunimmt.
„Nur jeder Zweite wird zielgerichtet behandelt“
Auch wenn der DGE zufolge das Bewusstsein für die dahinter liegende mögliche Ursache Osteoporose unter Ärzten offenbar zugenommen hat, zeigten Daten der Techniker Krankenkasse (TK), „dass auch nach sechs und mehr osteoporotisch bedingten Frakturen in Deutschland nur die Hälfte der Betroffenen eine zielgerichtete Behandlung erhält“.
Diagnostik: Bei jungen Menschen mit Knochenprobe
Im Rahmen der ärztlichen Betreuung, die fachübergreifend zwischen Orthopäden, Unfallchirurgen, Internisten, Endokrinologen und dem betreuenden Hausarzt erfolgen sollte, stehen heute neben der Knochendichtemessung mittels der sogenannten DXA-Messung verschiedene zielgerichtete Laboruntersuchungen zur Verfügung. Damit lassen sich häufig die Ursachen von Frakturen bei nur geringem Trauma klären. Insbesondere bei jungen Patientinnen umfasst die Diagnostik bei Bedarf darüber hinaus die Untersuchung einer Knochenprobe durch eine Knochenbiopsie sowie genetische Analysen.
Moderne Therapien beugen weiteren Knochenbrüchen vor
Steckt hinter einem Knochenbruch tatsächlich eine Osteoporose, lassen sich der DGE zufolge mit modernen Therapien erneute Brüche weitgehend verhindern. Bisher war es der Normalfall, dass einem Bruch bei Osteoporose weitere folgen. Der seit 2020 auch in Deutschland zur Verfügung stehende neue Antikörper Romosozumab habe die Therapie der Osteoporose international revolutioniert, sagt die Göttinger Ärztin Siggelkow. „War eine Zunahme der Knochendichte von zehn Prozent in einem Jahr vorher undenkbar, sei sie jetzt Realität. Die Folge: deutlich weniger Frakturen.“ Diese Therapie gilt in Fachkreisen als „wesentlich besser“ als die bisherige Standardtherapie.