Hinter Baby-Blues kann Schilddrüsenentzündung stecken
Das erklärt Prof. Matthias Schmidt vom Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner (BDN). Ursache für die Postpartum-Thyreoiditis ist die hormonelle Stresssituation, der die mütterliche Schilddrüse während der Schwangerschaft ausgesetzt ist. Mit einem Bluttest lässt sich klären, ob eine Schilddrüsenentzündung nach der Geburt vorliegt. Sie entwickelt sich etwa vier bis 24 Wochen nach der Entbindung, heißt es in einer Pressemitteilung des BDN. Die Erkrankung macht keine Schmerzen, weshalb man sie auch „stille“ Schilddrüsenentzündung nennt, erläutert Schmidt, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Köln.
Besonders gefährdet sind Frauen, die bei denen schon vor oder während der Schwangerschaft erhöhte Schilddrüsen-Antikörper – sogenannte TPO-Antikörper – festgestellt wurden, Frauen mit einer Neigung zu Hashimoto oder Morbus Basedow und Diabetes-Patientinnen. „Bei ihnen kann es nach der Schwangerschaft, die ja eine Art Stress-Test für die mütterliche Schilddrüse darstellt, zu einer hormonellen Entgleisung kommen“, führt der Nuklearmediz
Erst Schilddrüsenüberfunktion, dann Schilddrüsenunterfunktion
Oft verläuft die Erkrankung in verschiedenen Phasen. Dabei kommt es zunächst zu einer Schilddrüsenüberfunktion mit Zittern, Nervosität, beschleunigtem Herzschlag und verstärktem Schwitzen. „Bei stark ausgeprägten Beschwerden hilft die vorübergehende Einnahme von Betablockern, wenige Wochen sind meist ausreichend“, berichtet Schmidt.
Daran schließt sich häufig eine Phase der Schilddrüsenunterfunktion an. In dieser Zeit leiden die jungen Mütter vor allem an Müdigkeit und Antriebsarmut. „Es kann sich aber auch nur entweder Über- oder Unterfunktion einstellen“, so Schmidt. Bei der Hälfte der Frauen normalisiert sich die Erkrankung nach einem Jahr von allein. „Hält die Unterfunktion an, steht mit Levothyroxin ein bewährtes Medikament in Tablettenform zur Behandlung zur Verfügung“, sagt Schmidt.
Schilddrüsenentzündung nach Geburt oft verkannt
Obwohl die „Wochenbett-Schilddrüsenentzündung“ ein relativ häufiges Phänomen ist, wird sie nicht selten verkannt. „Das liegt daran, dass eine Wochenbettdepression sich oft ganz ähnlich äußert oder die Frauen dem vorschnellen Urteil unterliegen, mit der neuen Belastungssituation nicht zurecht zu kommen“, so Schmidt. Deshalb rät der BDN-Experte betroffenen Frauen, bei solchen Beschwerden auch an eine Postpartum-Thyreoiditis zu denken. „Am besten den behandelnden Gynäkologen, den Hausarzt oder die Hebamme darauf ansprechen“, meint Schmidt.
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