Herzschwäche: Telemedizin kann Leben verlängern

Patienten mit Herzschwäche, die eine telemedizinische Betreuung erhalten, haben bessere Überlebenschancen
Rund 1,8 Millionen Deutsche leiden an einer chronischen Herzinsuffizienz, jährlich kommen rund 300.000 Neuerkrankungen hinzu. In den vergangenen zehn Jahren war die Herzschwäche die häufigste Ursache für stationäre Aufnahmen. Nun hat die Fontane-Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin nachgewiesen, dass die telemedizinische Mitbetreuung die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten reduzieren und das Leben von Herzpatienten verlängern kann. Zudem ist die Telemedizin gleichermaßen für Patienten im ländlichen Raum und in Metropolregionen geeignet.
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Gesundheitsregion der Zukunft Nordbrandenburg – Fontane“ waren vom Zentrum für kardiovaskuläre Telemedizin der Charité mehr als 1.500 Patienten mit Herzschwäche über fünf Jahre lang beobachtet worden. Die Ergebnisse der Studie, die mit verschiedenen Partnern und in enger Kooperation mit zwei großen Krankenkassen durchgeführt wurde sowie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Förderung über 10,2 Millionen Euro erhielt, wurden nun in der Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlicht.
Messergebnisse werden ständig überwacht
Für die Analyse wurden die Probanden entweder telemedizinisch mitbetreut oder rein konventionell behandelt. Ziel der Studie war es, die Patienten möglichst lange außerhalb eines Krankenhauses behandeln zu können und die Lebenserwartung sowie die Lebensqualität zu erhöhen. Zudem sollte überprüft werden, ob Telemedizin strukturelle Defizite der medizinischen Versorgung auf dem Land gegenüber städtischen Regionen ausgleichen kann.
Die telemedizinisch mitbetreuten Patienten erhielten vier Messgeräte: ein Elektrokardiogramm (EKG) mit Fingerclip zur Messung der Sauerstoffsättigung, ein Blutdruckmessgerät, eine Waage sowie ein Tablet zur Selbsteinschätzung des Gesundheitszustandes. Über das Tablet wurden die Werte automatisch an das Zentrum für kardiovaskuläre Telemedizin der Charité übertragen. Ärzte und Pflegekräfte des Zentrums bewerteten die übertragenen Messwerte – 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche. Bei einer Verschlechterung der Werte ergriffen sie entsprechende Maßnahmen, zum Beispiel die Veränderung der Medikation, die Empfehlung für einen ambulanten Arztbesuch oder die Krankenhauseinweisung.
Krankenhausaufenthalte und Sterberisiko reduziert
Wie sich zeigte, mussten telemedizinisch betreute Patienten aufgrund ungeplanter Einweisungen wegen ihrer Erkrankung weniger Tage im Krankenhaus verbringen: Im Durchschnitt waren es 3,8 Tage pro Jahr im Vergleich zu 5,6 Tagen pro Jahr in der Kontrollgruppe. Zudem war ihr Sterberisiko niedriger: Von einhundert Herzinsuffizienzpatienten starben in einem Jahr unter den regulären Bedingungen etwa elf Patienten, mit telemedizinischer Mitbetreuung hingegen acht.
„Die Studie konnte nachweisen, dass mit Telemedizin eine Lebensverlängerung erreicht werden kann“, erklärt Prof. Friedrich Köhler vom Zentrum für kardiovaskuläre Telemedizin der Charité und Leiter der Fontane-Studie. Zudem wurde das Ergebnis unabhängig davon erreicht, ob der Patient in einer strukturschwachen ländlichen Gegend oder in einer Metropolregion lebt. Damit eignet sich nach Auffassung der Studienautoren die Telemedizin, um regionale Versorgungsunterschiede zwischen Stadt und Land auszugleichen und die Versorgungsqualität insgesamt zu verbessern.
Experten hoffen auf Stärkung der Versorgungsqualität
Prof. Ulrich Frei, Ärztlicher Direktor der Charité, kommentierte die Resultate so: „Wir waren von Anfang an von diesem zukunftsweisenden Projekt überzeugt und freuen uns umso mehr, dass die Ergebnisse so überaus positiv sind. Das telemedizinische Angebot dient in erster Linie den Patienten, es stärkt aber auch die Hausärzte in ländlichen Regionen, die dort hauptsächlich die Versorgung von Herzpatienten übernehmen.“
Auch Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), erklärte: „Die Ergebnisse der vom Bundesforschungsministerium finanzierten Telemedizin-Studie Fontane zeigen: Telemedizin wirkt. Sie ermöglicht es, Patienten mit Herzschwäche besser zu versorgen – unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in der Stadt wohnen. Die Forschungsergebnisse ebnen damit den Weg für den breiten Einsatz von Telemedizin in Deutschland, sodass hoffentlich bald alle Betroffenen von einer besseren Behandlungsqualität profitieren können."
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