In einem aktuellen Artikel im Journal "Current Directions in Psychological Science" berichtet die Forscherin Naomie Eisenberger von der University of California in Los Angeles von Experimenten, die dieser aussergewöhnlichen Idee nachgingen. Der Gedanke dahinter war folgender: Die seelischen Schmerzen, die bei Liebeskummer oder anderen Zurückweisungen entstehen, sind rein körperlichen Schmerzen sehr ähnlich. Dies wurde bereits durch verschiedene Studien belegt. So konnte gezeigt werden, dass körperliche und seelische Schmerzen zum Teil in den gleichen Regionen des Gehirns verarbeitet werden.
Liebeskummer kann mit körperlichen Schmerzen einhergehen
Eine Erklärung dafür ist, dass jeder körperliche Schmerz aus zwei Komponenten besteht: der sensorischen Erfahrung und der Bewertung, also der Tatsache, als wie schlimm oder quälend der Schmerz wahrgenommen wird und wie sehr man sich ihm ausgeliefert fühlt. Gerade der zweite Aspekt wird als verantwortlich dafür betrachtet, dass körperlicher und seelischer Schmerz so ähnlich sind. Neuere Forschungen zeigen allerdings auch, dass soziale Zurückweisung selbst eine sensorische Komponente hat. So kann gerade Liebeskummer durchaus mit körperlichen Schmerzen eingehergehen. Vor diesem Hintergrund ist die Idee, dass Schmerzmittel nicht nur körperliches, sondern auch seelisches Leid lindern könnten, gar nicht mehr so fernliegend. Bei einer Placebo-kontrollierten Studie konnte auch tatsächlich gezeigt werden, dass sich Menschen bei einem Test zur sozialen Abgrenzung - einem Computerspiel, bei der sich zwei Spieler einen Ball zuwerfen, ohne ihn der Testperson abzugeben - weniger verletzt fühlten, wenn sie drei Wochen lang das Schmerzmittel Tylenol (Paracetamol) eingenommen hatten.
Seelische Schmerzen, eine wichtige Erfahrung?
Eisenberger rät trotzdem nicht dazu, bei seelischem Kummer Schmerzmittel zu nehmen. Sie hält den seelischen Schmerz für einen wichtigen Faktor im menschlichen Zusammenleben. "Wenn wir das Gefühl sozialer Ablehnung immerzu betäuben", so Eisenberger, "würden wir dann nicht öfter Dinge tun, für die uns Leute ablehnen, die uns von anderen entfremden?" Die Erfahrung des seelischen Schmerzes sei wichtig, damit Menschen zusammenhalten. Allerdings könne es auch Fälle geben, bei denen der soziale Schmerz einfach so gross sei, dass der Einsatz von Schmerzmitteln gerechtfertigt sein könnte. Bisher werden in solchen Fällen von Ärzten eher Beruhigungsmittel verordnet, die allerdings starke Nebenwirkungen und ein grosses Abhängigkeitspotenzial haben.
Gefühl von Schmerzen
Eisenberger betont noch einen weiteren Effekt der Studien. Während körperliche Schmerzen meist auf Verständnis bei Aussenstehenden führen, wird sozialer Schmerz häufig weniger ernst genommen. Besonders Liebeskummer, der sehr quälend sein kann, wird oft als nicht so dramatisch bewertet. Eisenberger zufolge können die vorliegenden Studien dazu beitragen, dass seelischer Schmerz ernster genommen wird. "Diese Forschung gibt Leuten mit verletzten Gefühlen Recht. Sie zeigt, dass das Gefühl von Schmerzen, das wir haben, wenn wir abgelehnt und ausgeschlossen werden, etwas sehr Reales ist."