Wenn Ärzte von Hyperurikämie sprechen, meinen sie einen erhöhten Harnsäurespiegel. Dieser ist nachweislich der Verursacher von Gicht. Möglicherweise schädigt zu viel Harnsäure aber auch Herz und Gefäße. Das jedenfalls vermuten Herzspezialisten. Nach Auskunft von Prof. Dr. Christian Holubarsch aus Bad Krozingen liegen mittlerweile zahlreiche Studien vor, in denen sich gezeigt hat, dass die Sterblichkeit mit der Konzentration der Harnsäure im Blut assoziiert ist. „Das ist zwar im streng wissenschaftlichen Sinne kein Beweis, aber doch ein deutlicher Hinweis“, sagte er auf den Herztagen in Berlin Anfang Oktober. Harnsäure sei vermutlich ein bislang unterschätzter Risikofaktor.
Es fehlen adäquate Studien
Eine Assoziation erhöhter Harnsäurespiegel konnte mittlerweile für den Herzinfarkt, die Herzinsuffizienz, sowie für den Schlaganfall gezeigt werden. Verschiedene Untersuchungen haben zum Beispiel gezeigt, dass bei Patienten mit Herzinsuffizienz die Aktivität des Enzyms Xanthinoxidase, das für die Produktion von Harnsäure im Organismus erforderlich ist, gesteigert ist. Xanthinoxidase dürfte nach Ansicht von Holubarsch auch einen Einfluss auf die Gefäßfunktion haben. „In einer kleinen Studie konnte auch demonstriert werden, dass eine Harnsäuresenkung mit Allopurinol zu einer Verbesserung der Endothelfunktion führt“, so Prof. Holubarsch. „Was allerdings fehlt, sind gute Studien mit klinischen Endpunkten und adäquater Power.“
Bislang gab es nur eine einzige randomisierte, kontrollierte Studie zum Einfluss der Harnsäuresenkung auf die Entwicklung einer Herzinsuffizienz. Die Studie war aber negativ. Eine anschließende Analyse zeigte jedoch, dass Patienten mit hohen Harnsäurewerten und gutem Ansprechen auf die harnsäuresenkende Therapie auch kardiologisch von dieser profitieren. Ergebnisse großer Kohortenstudien legen ebenfalls eine günstige Wirkung einer Harnsäuresenkung auf die Herzinsuffizienz nahe.
Möglicherweise gibt es keinen kausalen Zusammenhang
Doch bewiesen ist damit noch nichts. „Letztlich werfen solche Ergebnisse vor allem die Frage auf, ob die in epidemiologischen Studien beobachteten Assoziationen von Harnsäure und Risiko kausaler Natur sind, oder ob die Harnsäure nicht vielleicht nur ein Marker für einen insgesamt schlechteren Gesundheitszustand ist“, sagte der Kardiologe aus Bad Krozingen.
In der Leitlinie zur Herzinsuffizienz wird Harnsäure derzeit zwar als Risikofaktor erwähnt, aber keine medikamentösen Harnsäuresenkung empfohlen. Um mehr Klarheit zu schaffen, untersuchen derzeit die beiden Studie CARES und FAST die kardiologischen Wirkungen von Harnsäuresenkern wie Allopurinol und Febuxostat in der Therapie der Gicht. Möglicherweise weiß man dann mehr, ob der Harnsäurespiegel tatsächlich ein Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen ist.
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