Handystrahlung macht Lust auf übermäßiges Essen
Die Zahl der Handynutzer in Deutschland wächst und wächst. 62 Millionen Deutsche besaßen im Jahr 2021 ein Smartphone, das sind drei Viertel der Bevölkerung. Und wer aus dem Haus geht, für den ist das Smartphone vielfach schon mindestens so lebenswichtig wie Hausschlüssel oder Portemonnaie. Mit der Omnipräsenz der mobilen Endgeräte werden in der Öffentlichkeit wie in der Wissenschaft auch die möglichen Folgen der elektromagnetischen Strahlung diskutiert, die von Handys ausgeht. Die von Handys ausgesandte Strahlung wird zu großen Teilen vom Kopf absorbiert und kann beispielsweise Auswirkungen auf Stoffwechsel und Verarbeitungsprozesse im Gehirn haben. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen gilt die vermehrte Nutzung des beliebten Kommunikations- und Spielgerätes gleich auf mehreren Ebenen als problematisch. Und das ist nicht das einzige Risiko.
Appetit nach Handy-Bestrahlung: Bisher nur bei Ratten bestätigt
Studien an Ratten haben gezeigt, dass elektromagnetische Strahlung zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme führt. Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Lübeck um Kerstin Oltmanns, die Leiterin der dortigen Psychoneurobiologie, hat jetzt untersucht, ob dies auch beim Menschen zutrifft. In ihrer Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift „Nutrients“ veröffentlicht wurde, beobachteten die Forscher die Wirkung von Mobilfunkstrahlung an 15 jungen Männern – mit „erstaunlichen Ergebnissen“, heißt es in einer Mitteilung der norddeutschen Universität.
Testpersonen: Nach Elektro-Bestrahlung ran ans Buffet
Im Experiment wurden die Probanden mit zwei verschiedenen Handys als Strahlungsquelle bestrahlt beziehungsweise einer Scheinbestrahlung als Kontrolle ausgesetzt. Im Anschluss durften sich die Probanden für eine definierte Zeit an einem Buffet bedienen. Gemessen wurde die spontane Nahrungsaufnahme, der Energiestoffwechsel des Gehirns anhand von Phosphor-Magnetresonanz-Spektroskopie (MRS) sowie verschiedene Blutwerte vor und nach Bestrahlung.
Handystrahlung steigert Kalorienaufnahme um ein Viertel
Das Forschungsteam kam zu überraschend deutlichen Ergebnissen: Die Strahlung führte bei fast allen Probanden zu einer Erhöhung der Gesamtkalorienzufuhr um 22 Prozent beziehungsweise 27 Prozent durch die jeweiligen Versuchshandys. Die Blutanalysen zeigten, dass dies vor allem durch eine vermehrte Kohlenhydrat-Aufnahme verursacht wurde. Die MRS-Messungen ergaben eine Steigerung des Energieumsatzes im Gehirn unter Einfluss der Handystrahlung.
Handystrahlung: „Potenzieller Faktor für übermäßiges Essen“
Das Forschungsteam schließt aus diesen Ergebnissen, dass Handystrahlen nicht nur einen potenziellen Faktor für übermäßiges Essen beim Menschen darstellen, sondern dass sie auch die Energieregulation des Gehirns beeinflussen. Diese Erkenntnisse könnten nach Einschätzung der Lübecker Wissenschaftler neue Wege für die Adipositas- und andere neurobiologische Forschung eröffnen. Der jetzt nachgewiesene Einfluss von Handystrahlung könne insbesondere die Wirkung auf das Gehirn und das Essverhalten bei Kinder und Jugendliche stärker in den Fokus wissenschaftlicher Forschung rücken.