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Handy und Internet: „Die Droge der Zukunft”

Mittwoch, 16. Dezember 2020 – Autor:
Immer mehr junge Menschen nutzen digitale Geräte stärker und länger, als ihnen gut tut. Das zeigt die „Drogenaffinitätsstudie 2019“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Mehr als drei Stunden am Tag verbringen die 12- bis 25-Jährigen im Schnitt vor elektronischen Geräten, aber nicht für Schule, Studium oder Arbeit – sondern beim Chatten und Surfen zur bloßen Unterhaltung.
Reihe von Kindern, alle mit Smartphones in der Hand.

In der Coronakrise sind die Möglichkeiten der Digitalisierung zu etwas Lebenswichtigem geworden. Man muss nur aufpassen, dass die Begeisterung nicht zum Problem wird - vor allem bei jüngeren Nutzern. – Foto: ©Syda Productions - stock.adobe.com

Sucht kann auch völlig ohne rauscherzeugenden Substanzen entstehen. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen „Drogenaffinitätsstudie“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Schwerpunkte der jährlich neu aufgelegten Analyse sind von Hause aus Rauchen, Alkohol und illegale Drogen. Seit 2011 aber werden auch computerspiel- und internetbezogene Störungen untersucht. Die jetzt vorgelegte Analyse auf der Basis von Zahlen für 2019 zeigt: Innerhalb von nur vier Jahren hat sich der Anteil von Jugendlichen mit problematischer Medien- und Internetnutzung um etwa die Hälfte erhöht. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, bewertet die aktuellen Zahlen zum Medienkonsum mit dem Satz: „Medien-und Internetabhängigkeit ist quasi die Droge der Zukunft.“

Zahl der Internet-Suchtgefährdeten erneut gestiegen

Laut der BZgA-Studie ist der Anteil junger Menschen mit einer problematischen Internetnutzung im Zeitraum 2015 bis 2019 nochmals gestiegen: Bei den Jugendlichen (12 bis 17 Jahre) von 21,7 auf 30,4 Prozent; und bei den jungen Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) von 15,2 auf 23,0 Prozent. Gravierende internetbezogene Störungen traten im Jahr 2019 bei 7,6 Prozent der Jugendlichen auf (2015: 5,7 Prozent). Bei den jungen Erwachsenen waren es 4,1 Prozent (2015: 2,6 Prozent).

Mädchen und junge Frauen stärker betroffen

Dabei gibt es leichte Unterschiede zwischen den Geschlechtern. In beiden Altersklassen waren internetbezogene Störungen beziehungsweise die problematische Nutzung im Jahr 2019 bei weiblichen Mitgliedern etwas weiter verbreitet als bei den männlichen Alterskollegen.

Kommunikation und Unterhaltung stehen im Vordergrund

Die Studiendaten bestätigen, dass für Jugendliche und junge Erwachsene bei der Internetnutzung nach wie vor Kommunikation und Unterhaltung im Vordergrund stehen. 12- bis 17-Jährige nutzen Computerspiele und das Internet durchschnittlich 22,8 Stunden pro Woche und 18- bis 25-Jährige durchschnittlich 23,6 Stunden pro Woche privat – also nicht für Schule, Studium oder Arbeit.

Typische Suchtsymptome: Kontrollverlust, Entzugserscheinungen

Grundlage der Studie ist eine Repräsentativbefragung unter 7.000 jungen Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren. Erhoben wurden die Daten zwischen April und Juni 2019. Die Situation während der Coronavirus-Pandemie im Jahr 2020 ist damit in der Studie nicht abgebildet. Um eine mögliche Suchtproblematik greifbar zu machen, untersuchten die Wissenschaftler beispielsweise die Frage eines Kontrollverlusts. Dieser zeigt sich etwa, wenn man mehr Zeit im Internet als beabsichtigt verbringt. Auch Entzugssymptome seien ein deutliches Zeichen. Sie kündigen sich etwa dadurch an, dass man sich unruhig oder gereizt fühlt, wenn man das Internet nicht nutzen kann.

„Medien-und Internetabhängigkeit ist quasi die Droge der Zukunft“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, anlässlich der Veröffentlichung der Studie. Immer mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nutzten die digitalen Medien mehr als ihnen guttue. „Auch wenn die Digitalisierung insgesamt ein wertvolles Gut ist – während Corona mehr denn je – müssen junge Menschen wissen, wann sie auch mal ‚offline‘ sein sollten.“

„Nicht jede exzessive Mediennutzung ist pathologisch“

Die Leiterin der BZgA, Heidrun Thaiss, warnte unterdessen davor, jede exzessive Mediennutzung zu „pathologisieren“. Gleichwohl dürften die Suchtrisiken von digitalen Spielen sowie eine mögliche Verknüpfung mit Glücksspielen nicht verharmlost werden. Die Studiendaten bestätigten, wie wichtig es sei, Jugendlichen die Risiken der exzessiven Nutzung von Internet, Smartphones und Computerspielen aufzuzeigen. Darüber hinaus gelte es, Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen für ihre Vorbildrolle für Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren.

Telefonberatung der BZgA für Suchtgefährdete:

Die Telefonberatung der BZgA zur Suchtvorbeugung ist erreichbar unter der Nummer 

0221 - 89 20 31

(Montag bis Donnerstag: 10 bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr).

Foto: AdobeStock/Syda Productions

Hauptkategorie: Medizin
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