Gut fürs Immunsystem: Deutsche Uni entwickelt Apfelsorte mit hohem Selengehalt
Zu Beginn einer möglichen vierten Corona-Welle und der jährlichen Grippe- und Erkältungssaison achten viele darauf, ihr Immunsystem durch gezielte Ernährung zu unterstützen. Ein wichtiger Mikronährstoff für eine optimale Funktion des Immunsystems ist das Spurenelement Selen. „Der Selenbedarf wird aber über die Nahrung oft nicht ausreichend gedeckt“, sagt Lutz Schomburg vom Institut für Experimentelle Endokrinologie der Berliner Charité. Im Rahmen eines vierjährigen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts, haben Wissenschaftler der Hochschule Osnabrück eine Apfel-Neuheit entwickelt, die sich durch diese Besonderheit auszeichnet: Der „Selstar“ enthält im Vergleich zu einem gewöhnlichen Apfel mehr als zehnmal so viel Selen und deckt damit rund ein Drittel des Tagesbedarfs.
Obst und Gemüse: Meist selen-arm
Äpfel sind, wie die meisten Obst- und Gemüsearten, von Natur aus selen-arm. „Normalerweise wachsen Pflanzen auf Böden, die einen geringen Selengehalt haben“, erklärt Diemo Daum, Professor im Fachgebiet Pflanzenernährung der Hochschule Osnabrück. „Der hohe Anteil an Selen im Selstar resultiert aus einem speziellen Anbauverfahren, durch das die Apfelbäume Selen besser aufnehmen und in den Früchten einlagern. Damit bietet der Apfel eine natürliche Alternative zu Nahrungsergänzungsmitteln.“ Für den Selstar-Anbau werden rotschalige Selektionen der Apfelsorte Elstar verwendet. Somit ist die Namensgebung ein Kofferwort aus „Selen" und „Elstar".
Selen-Äpfel: Seit diesem Jahr im Handel
Selstar-Äpfel sind seit diesem Jahr in den Regalen von mindestens 80 deutschen Supermärkten zu finden. Als Resultat einer Marktforschungsstudie zu Selstar entschieden sich die Anbieter dafür, als Verpackung für die neue Apfelsorte eine Kartonschale ohne Plastik zu verwenden. Nachhaltigkeit sei aus Verbrauchersicht ein wichtiger Faktor bei der Bewertung des Apfel gewesen, heißt es in einer Mitteilung der Hochschule Osnabrück.
Warum braucht unser Körper das Spurenelement Selen?
Selen ist ein für den Menschen essenzielles Spurenelement und unter anderem Bestandteil des antioxidativen Enzyms Glutathionperoxidase, das im Körper membranschädigende Oxidantien abbaut. Nach Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind neben einer Stärkung des Immunsystems folgende positive Wirkungen von Selen im Körper wissenschaftlich belegt:
- die Bildung von gesunden Spermien beim Mann,
- ein gesundes Wachstum von Haaren und Nägeln,
- der Schutz von Körperzellen vor oxidativem Stress sowie
- eine normale Schilddrüsenfunktion.
Selen-Unterversorgung oft bei Schwangeren oder Veganern
Eine Unterversorgung mit Selen wird mit verschiedenen gesundheitlichen Folgen in Verbindung gebracht. „Wenn wir zu wenig Selen aufnehmen, treten Mangelerscheinungen auf und es steigt das Risiko für bestimmte Erkrankungen wie Darm- und Leberkrebs sowie Erkrankungen der Schilddrüse“, berichtet der Berliner Endokrinologe Schomburg. „Insbesondere Vegetarier und Veganer, aber auch schwangere und stillende Frauen sind häufig unterversorgt.“ Bei Corona-Patienten kann ein Selenmangel ebenfalls negative Auswirkungen haben. „Zwei aktuelle Studien weisen darauf hin, dass an COVID-19 erkrankte, schlecht mit Selen versorgte Personen ein höheres Risiko haben, hieran zu versterben, als ausreichend mit Selen versorgte Patienten.”
Wieviel Selen ist gesund?
Die Spanne zwischen Mangelernährung und toxischen Konzentrationen bei der Selenaufnahme gilt allerdings als sehr gering, was eine sorgfältige Kontrolle der Zufuhr erforderlich macht. Der Wissenschaftliche Ausschuss für Lebensmittel der EU-Kommission hat als Referenzwert 55 Mikrogramm Selen pro Tag für Erwachsene festgelegt. Die Maximaldosis soll 300 Mikrogramm pro Tag nicht übersteigen. Vorsichtiger ist hier das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das für den Konsum von Nahrungsergänzungsmittel empfiehlt, die Tagesdosis auf 45 Mikrogramm zu beschränken.