Grauer Star: Medikament könnte OP ersetzen
Der Graue Star ist die häufigste Ursache für Erblindung. Die Hälfte aller Menschen über 70 Jahren ist weltweit von der Linsentrübung betroffen. Bisher konnte nur eine Operation, bei der ein künstliches Linsenimplantat eingesetzt wird, eine Erblindung durch den Katarakt verhindern. Doch möglicherweise lässt sich die Erkrankung in Zukunft auch mit Medikamenten behandeln. Ein Forscherteam um PhD Jason Gestwicki von der University of Michigan in Ann Arbor hat kürzlich einen Wirkstoff entdeckt, der die Trübung der Augenlinse im Labor und bei Mäusen verhindert und sogar nachträglich bessert. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin „Science“.
Medikament verhindert Verklumpung von Proteinen
Die Brechkraft der Augenlinse wird durch hoch konzentrierte Proteine erzeugt. Diese Proteine müssen in gelöstem Zustand bleiben, damit die Linse transparent bleibt. Dafür sorgen die beiden Schutzeiweiße A-Crystallin (cryAA) und B-Crystallin (cryAB). Versagen diese Kristalline, so verklumpen die Proteine, und die Linse trübt sich. Das Team um Gestwicki suchte nun nach Stoffen, welche die Schutzeiweiße stabilisieren und damit eine Fehlfaltung verhindern.
Sie fanden eine Substanz, die im Labor die Bildung von Eiweißklumpen verhinderte und sogar bereits bestehende Klumpen auflöste. Diese Substanz testeten die Forscher zunächst an genveränderten Mäusen, die wegen eines cryAB-Defekts schon früh an Grauem Star erkrankten. Wie sich zeigte, konnte der Zustand der Linsen durch die Behandlung innerhalb von zwei Wochen deutlich verbessert werden. Zudem bestätigten die Forscher den Effekt auch an Mäusen mit einem cryAA-Defekt sowie auch an gewöhnlichen Mäusen, die den Katarakt altersbedingt entwickeln.
Schließlich testeten die Wissenschaftler den Stoff am Inhalt von Augenlinsen, die älteren Menschen entfernt worden waren. Auch hier zeigte sich, dass die Menge aller löslichen Proteine gesteigert werden konnte, immerhin um 18 Prozent. Damit kann das Präparat nach Ansicht der Studienautoren eine vielversprechende Spur zu einer nicht-operativen Therapie sein, und zwar sowohl bei erblichem als auch bei altersbedingtem Grauen Star.
Grauer Star: Hoffnung auf neue Therapiemöglichkeiten
Auch Professor Roy Quinlan von der britischen Durham University erklärte in einem Kommentar zur Studie, die Resultate könnten die medikamentöse Therapie von Grauem Star anschieben. „Das sind erste wichtige Experimente“, sagt auch Johannes Buchner vom Lehrstuhl für Biotechnologie der Technischen Universität München, der nicht an der Studie beteiligt war. „Sie zeigen überraschend positive und starke Effekte.“ Die Hinweise seien sehr ermutigend, müssten aber in weiteren Studien bestätigt werden. Insgesamt sei das Interesse von Patienten an einer Alternative zur Augenoperation sehr groß.
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