Graft-versus-Host-Reaktion: Neue Erkenntnisse zur Entstehung
Nicht immer sprechen Patienten mit Leukämie- oder Lymphomerkrankungen auf eine herkömmliche Chemotherapie an. Für sie kann eine allogene (= von einem Lebewesen derselben Art stammende) Blutstammzelltransplantation eine Chance auf Heilung darstellen. Doch bei dieser Therapie kommt es in seltenen Fällen zu einer unerwünschten Immunreaktion, der sogenannten Graft-versus-Host-Reaktion (GvHR) oder Graft-versus-Host-Disease (GvHD). Dabei handelt es sich um eine Immunreaktion, die sich umgekehrt zu der Immunantwort bei anderen Transplantationen verhält, bei denen der Körper das Transplantat abzustoßen versucht. Bei der Graft-versus-Host-Erkrankung wendet sich das Transplantat des Spenders gegen den Körper des Empfängers. Die GvHR gehört zu den gefürchtetsten Komplikationen nach einer allogenen hämatopoetischen (= blutzellenbildenden) Stammzelltransplantation und schränkt die Überlebenschancen der Betroffenen stark ein.
T-Zellen greifen bei GvHR Gewebe des Empfängers an
Nun ist es Forschern des Universitätsklinikums Freiburg in Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppen der University of Utah in Salt Lake City (USA) gelungen, einen Teil der Mechanismen zu entschlüsseln, die zum Ausbruch der GvHR führen. Bei der GvHR erkennen die T-Lymphozyten aus der Stammzellspende die Körperzellen des Empfängers als fremd und bekämpfen diese. Als Folge werden verschiedene Gewebe des Empfängers, insbesondere Haut-, Leber- und Darmgewebe, manchmal auch die Lunge angegriffen.
Die Forscher konnten zeigen, dass die bakterielle Besiedlung im Magen-Darm-Trakt sowie die Harnsäure, die beim Zerfall einzelner Zellen nach der Transplantation freigesetzt wird, dem Immunsystem des Empfängers eine lokale Gewebeschädigung anzeigen. Hierdurch wird jedoch nicht nur das angeborene Immunsystem des Betroffenen aktiviert, sondern in einem zweiten Schritt auch die Immunantwort des Transplantats im Patienten verstärkt, was zur Graft-versus-Host-Erkrankung führen kann.
Graft-versus-Host-Reaktion: Hoffnung auf neue Therapieansätze
Aufgrund der GvHR muss sehr vorsichtig abgewogen werden, welchen Patienten eine Blutstammzelltransplantation zugemutet werden kann. So werden bereits geschwächte oder ältere Patienten mit akuten Leukämien meist von der Behandlung ausgeschlossen. Als Prophylaxe einer Graft-versus-Host-Reaktion werden Immunsuppressiva verabreicht, doch eine wirkliche Therapie gibt es nicht. Die GvHR kann stoppen, aber auch tödlich enden. Auch eine chronische Form, die Monate bis Jahre bestehen bleibt, kann auftreten. Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse den Anstoß für neue Ansätze zur Therapie der Graft-versus-Host-Erkrankung bilden.
Co-finanziert wurde das Forschungsprojekt von der José Carreras Leukämie-Stiftung. Sie fördert das auf drei Jahre angelegte Projekt mit über 300.000 Euro. „Eine wesentliche Aufgabe der José Carreras Leukämie-Stiftung besteht darin, Grundlagen für künftigen medizinischen Fortschritt zu schaffen“, erklärt Dr. Gabriele Kröner, Geschäftsführender Vorstand der José Carreras Leukämie-Stiftung. "Es ist positiv, dass ein von uns gefördertes Projekt neue Erkenntnisse über die biologischen Grundlagen der Graft-versus-Host-Erkrankung liefert und somit künftig für eine Vielzahl von Erkrankungen neue Therapieansätze entwickelt werden können, welche die Überlebens- und Heilungschancen weiter erhöhen."
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