Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Gicht-Therapieempfehlungen häufig nicht umgesetzt

Dienstag, 2. Mai 2017 – Autor: Anne Volkmann
Gicht kann sehr schmerzhaft sein, ist aber mit den richtigen Therapiemaßnahmen in der Regel gut behandelbar. Das Ziel ist eine schnelle Reduktion der Schmerzen und Entzündungen. Wissenschaftler kritisieren jedoch, dass die Versorgung von Gichtpatienten häufig nicht den Leitlinien entspricht.
Gicht - Therapieempfehlungen

Bei einem akuten Gichtanfall sollten Schmerzen und Entzündungen möglichst schnell reduziert werden – Foto: Astrid Gast - Fotolia

Gicht entsteht durch einen zu hohen Harnsäurespiegel im Blut (Hyperurikämie), wodurch es zu einer Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken oder im gelenknahen Gewebe kommt. Zeichen eines akuten Gichtanfalls sind Schmerzen, Rötungen, Schwellungen und Überwärmung des betroffenen Gelenks sowie eine starke Berührungsempfindlichkeit. Auch Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit können auftreten. Nach Angaben der European League Against Rheumatism (EULAR) sind etwa ein bis zwei Prozent der erwachsenen Bevölkerung von Gicht betroffen, bei den über 65-Jährigen sind es sogar rund sieben Prozent.

So schmerzhaft Gicht ist, so gut ist sie in der Regel doch behandelbar, so dass ein akuter Gichtanfall meist schnell zurückgedrängt werden kann. Doch obwohl die rheumatologischen und allgemeinme­dizinischen Fachgesellschaften in den vergangenen Jahren ihre Leitlinien zur Therapie der Gicht aktualisiert haben, entspricht die Versorgung in vielen Punkten nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand – das kritisieren Forscher um Bettina Engel vom Institut für Hausarztmedizin in Bonn.

Nicht alle Patienten benötigen Medikamente

Die Autoren monieren unter anderem das fehlende Monitoring während einer Therapie mit harnsäuresenkenden Medikamenten sowie die Überversorgung mit Allopurinol bei asymptomatischen Patienten mit Hyperurikämie. So hat eine Studie aus dem Jahr 2014 ergeben, dass etwa 60 Prozent der Hausärzte auch asymptomatische Patienten ohne Gichtanfälle medikamentös behandeln, wenn der Harnsäurespiegel über 8 mg/dl liegt – obwohl das nach der aktuellen Studienlage nicht generell empfohlen werden kann.

Erst kürzlich hatten die Bonner Ärzte nach einer selektiven Literaturanalyse Therapieempfehlungen gegeben, die im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurden. Demnach zählen zu den nichtmedikamentösen Therapien bei Gicht unter anderem Ernährungsempfehlungen sowie die Hochlagerung und die Kühlung des Gelenks bei einem akuten Anfall. Die langfristige Wirkung von bestimmten Ernährungsregeln bei Gicht konnte zwar noch nicht durch randomisierte kontrollierte Studien bestätigt werden. Dennoch gibt es nach Ansicht der Autoren eine Reihe von Hinweisen, dass es bei Gicht sinnvoll ist, die Purinaufnahme zu verringern, den Alkoholkonsum einzuschränken sowie Übergewicht abzubauen. Purin ist vor allem in Fleisch, bestimmten Gemüsesorten, Krustentieren und Hülsenfrüchten vorhanden - diese Nahrungsmittel sollten daher nur in Maßen genossen werden.

Bei akutem Gichtanfall Entzündungen rasch senken

Medikamentöse Therapien mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), Glukokortikoiden und Colchizin zielen darauf ab, bei einem akuten Gichtanfall möglichst schnell Schmerzfreiheit zu erreichen sowie die Gelenkentzündung zurückzudrängen. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Gichtanfall ohne medikamentöse Therapie zwischen drei Tagen und zwei Wochen dauert, während die Symptome durch Medikamente in der Regel innerhalb von 24 Stunden gelindert werden können.

Die Autoren machen auch darauf aufmerksam, dass bei einer Unverträglichkeit oder Kontraindikation von NSAR, Colchizin oder Kortison Interleukin-1 als Alternative in Betracht gezogen werden kann. Kontraindiziert sind bei einem akuten Gichtanfall hingegen harnsäuresenkende Medikamente. Sie werden zwar bei chronischer Gicht verschrieben, können jedoch zunächst zu einem akuten Gichtanfall führen oder diesen verstärken. Wird ein Patient jedoch schon über längere Zeit mit harnsäuresenkende Medikamenten behandelt, sollte die Therapie auch im akuten Gichtanfall fortgeführt werden.

Foto: © Astrid Gast - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Gelenke , Gicht , Schmerzen , Gelenkschmerzen , Rheuma

Weitere Nachrichten zum Thema Gicht

15.11.2017

Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung. Überhöhte Harnsäurewerte sorgen für schmerzhafte Gelenkentzündungen. Die kommen in Schüben. Es gibt weitere typische Symptome der Gicht.

27.10.2017

Die Gicht ist eine äußerst schmerzhafte Gelenk-Erkrankung. Ursache ist ein erhöhter Harnsäurespiegel. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, ältere öfter als junge Menschen. Mit der richtigen Ernährung lässt sich den Gicht-Anfällen vorbeugen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin