Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Gesundheitssystem sollte Ältere mehr im Alltag unterstützen

Donnerstag, 3. Dezember 2015 – Autor:
Das Gesundheitssystem geht an den Bedürfnissen älterer Menschen vorbei. Um sie richtig zu versorgen und ihnen ein möglichst aktives Leben zu ermöglichen, ist ein Paradigmenwechsel hin zu einer integrierten Pflege mit mehr Unterstützung im Alltag nötig. Das besagt eine Studie der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC).
Mit ambulanter Pflege bewältigen einige Senioren noch das Leben daheim

Die ambulante Pflege ermöglicht Älteren ein Leben daheim – Foto: Gina Sanders - Fotolia

„Bei alten Menschen ist das Verständnis von Gesundheit individuell sehr verschieden. Was die einen als Krankheit empfinden, die behandelt werden sollte, betrachten andere als altersbedingte Beschwerden. Für sie zählt, trotz aller Handicaps so normal und selbstbestimmt wie möglich zu leben“, meint Michael Burkhart, bei PwC Leiter des Bereichs Healthcare und Pharma. 

Die Akteure des Gesundheitswesens seien sehr spezialisiert und arbeiteten getrennt voneinander, heißt es weiter in einer Pressemitteilung. Dieses unübersichtliche System führe zu Doppel- und Dreifachuntersuchungen und verursache unnötige Mehrkosten. „Unser System ist auf das Kurieren von Krankheiten fixiert – häufig verbunden mit stationären Aufenthalten. Viel sinnvoller wäre eine integrierte Pflege, die es ermöglicht, stationäre Aufenthalte zu verkürzen und Hilfestellung im Alltag zu geben“, so Burkhart.

Gesundheitssystem sollte Ältere mehr im Alltag unterstützen

Viele Ältere benötigten Hilfe für Dinge, die sie nicht mehr selbst schaffen. Dann jedoch könnten sie ihr verbleibendes Potenzial voll ausschöpfen. Unser Gesundheitswesen biete da kaum Unterstützung und fragt alte Menschen nicht nach ihren Bedürfnissen, betont der PwC-Mann.

In Europa wird sich der Anteil der Menschen, die älter als 65 Jahre sind, von derzeit 25,9 Prozent auf 35,9 Prozent im Jahr 2030 erhöhen. Schon heute sind die Pro-Kopf-Ausgaben bei den 66-bis 86-Jährigen infolge vermehrter Krankenhaus-Aufenthalte fast doppelt so hoch wie bei jüngeren Patienten.

Pflege: Feste Sätze pro Person lassen Gestaltungsspielräume

Um das Gesundheitssystem angesichts des demografischen Wandels dauerhaft zu finanzieren, empfehlen die PwC-Experten alternative Vergütungssysteme wie beispielsweise pauschale Vorauszahlungen pro Versichertem. So könnten Netzwerke ambulanter Dienstleister über mehrere Jahre hinweg die gesundheitliche Versorgung einer Gruppe von Menschen übernehmen, für die sie feste Sätze pro Person erhalten.

Wie sie das Budget am besten einsetzen, bleibt der fachlichen Einschätzung der Pflegeteams vor Ort überlassen: Je besser die Qualität der Betreuung, je besser die Prävention, desto weniger Kosten fallen langfristig an. „Solche Modelle erhöhen den Anreiz, medizinische Leistungen optimal zu vernetzen, Älteren zu mehr Selbständigkeit zu verhelfen oder Vorsorgeprogramme aufzulegen“ so Burkhart.

Pflegestärkungsgesetz II hat ähnliche Ziele: Reha vor Pflege

Das Pflegestärkungsgesetz II, das im Januar 2016 in Kraft tritt, zielt in Teilen in eine ähnliche Richtung. So soll der „der tatsächliche Unterstützungsbedarf“ besser erfasst werden. Wie es in einer Information des Bundesgesundheitsministeriums weiter heißt, solle die Unterstützung deutlich früher beginnen, zum Beispiel, wenn eine Dusche altersgerecht umgebaut werden muss oder Hilfe im Haushalt benötigt wird.

Es sollen vermehrt Leistungen zum Erhalt der Selbständigkeit und der verbliebenen Fähigkeiten bereitgestellt werden. Das Pflegestärkungsgesetz II stärke außerdem den Grundsatz "Reha vor Pflege". Durch Rehabilitationsleistungen könne der Eintritt von Pflegebedürftigkeit verhindert oder hinausgezögert werden.

Foto: Gina Sanders

Weitere Nachrichten zum Thema Pflege

04.04.2018

Für pflegebedürftige Menschen ist die tägliche Nahrungsaufnahme oft mühselig. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Nun hat das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) einen kostenlosen Ratgeber für pflegende Angehörige mit praktischen Hinweisen rund um das Thema Essen und Trinken entwickelt.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin