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Gesundheits- und Erziehungsberufe besonders von Long-Covid betroffen

Freitag, 16. September 2022 – Autor:
Berufstätige in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Betreuung und Erziehung von Kindern sind besonders stark von den Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion betroffen, ebenso ältere Menschen und Frauen. Das zeigt eine Analyse der AOK.
Long Covid: Ältere Frau mit Erschöpfungszuständen.

Massive Erschöpfung: ein typisches Symptom des Long-Covid-Syndroms, das vor allem bei Älteren und bei Frauen im Anschluss an eine Corona-Infektion auftreten kann. – Foto: AdobeStock/Justlight

Beschäftigte in den Branchen Erziehung und Gesundheitswesen waren nach derzeitigem Stand von der Covid-19-Pandemie am stärksten betroffen. Dies gilt sowohl für akute Infektionen als auch für die Folgeerkrankungen im Anschluss daran – auch bekannt als „Long-Covid“ oder „Post-Covid“. Das zeigt eine Auswertung von Versichertendaten durch das „Wissenschaftliche Institut der AOK“ (WIdO).

Branchen mit besonders vielen Corona-Infektionen

Von akuten Covid-19-Infektionen waren der Analyse zufolge Berufe der Kinderbetreuung und -erziehung mit 28.315 Erkrankten je 100.000 AOK-Mitglieder am häufigsten betroffen. Direkt dahinter auf Platz zwei folgt die Gruppe der medizinischen Fachangestellten mit 25.849 Erkrankten je 100.000 AOK-Mitglieder. In Berufen der pharmazeutisch-technischen Assistenz (24.832 Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder) und in Berufen der Ergotherapie (24.651 Erkrankte) wurden ebenfalls viele Krankschreibungen im Zusammenhang mit akuten Covid-19-Infektionen verzeichnet.

Long-Covid: Warum Gesundheits- und Erziehungsberufe so stark betroffen sind

Von den Nachwirkungen einer Corona-Infektion in den Wochen und Monaten danach waren der Auswertung des WIdO zufolge ebenfalls Beschäftigte in Berufen der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in Berufen der Kinderbetreuung und -erziehung am stärksten betroffen. „Dieses Ergebnis lässt sich zum einen mit dem Anteil akuter Covid-19-Infektionen in diesen Berufsgruppen erklären, der in Berufen mit vielen Kontakten zu anderen Menschen sehr viel höher war“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer des WIdO, Helmut Schröder. „Zum anderen spielen die Alters- und Geschlechtsstruktur sowie die Verteilung der Risiken für Vor- und Folgeerkrankungen in den einzelnen Berufsgruppen hierbei eine zentrale Rolle.“

Beschäftigte über 60 und Frauen leiden besonders an Covid-Folgen

Über den gesamten Pandemiezeitraum hinweg zeigte sich in der WIdO-Auswertung eine höhere Betroffenheit unter älteren und unter weiblichen AOK-versicherten Erwerbstätigen. So war der Anteil der Über-60-Jährigen, die nach einer akuten Covid-Erkrankung längerfristig arbeitsunfähig waren, mehr als viermal so hoch wie der Anteil bei den unter 29-Jährigen (1,4 Prozent versus 0,3 Prozent). Zudem waren ältere Erwerbstätige fast doppelt so lang erkrankt wie jüngere (55,7 Tage je Fall versus 31,8 Tage je Fall).

Die Auswertung zeigt zudem, dass Frauen häufiger von Long- oder Post-Covid betroffen waren als Männer (1,0 Prozent versus 0,7 Prozent). Dieser Unterschied zeigte sich trotz des geringeren Altersdurchschnitts bei den weiblichen Erkrankten (49,1 Jahre versus 50,5 Jahre).

Long-Covid, Post-Covid: Das ist der Unterschied

Die Fachwelt unterscheidet zwei Krankheitsbilder, die nach einer überstandenen Infektion entstehen können. Beeinträchtigungen, die über vier Wochen bis maximal zwölf Wochen unmittelbar nach einer Infektion andauern, werden nach aktueller Definition der Weltgesundheitsorganisation als „Long-Covid“ bezeichnet. Äußern sich die Beschwerden oder Beeinträchtigungen auch noch nach diesem Vierteljahr, spricht die Medizin von „Post-Covid“.

Pandemie-Bilanz: Jeder Fünfte hatte eine Corona-Infektion

Für die Pandemie insgesamt kommt das Wissenschaftliche Institut der AOK zu folgender Bilanz: Jeder fünfte durchgängig erwerbstätige AOK-Versicherte ist seit Pandemiebeginn aufgrund einer akuten Covid-19-Erkankung ausgefallen. In der Folge waren 3,8 Prozent dieser Personen aufgrund einer Long-Covid- oder Post-Covid-Symptomatik arbeitsunfähig – etwa 0,9 Prozent aller erwerbstätigen AOK-Versicherten.

Long-Covid: Weniger Patienten – längere Ausfallzeiten

Auch wenn die Zahl der Patienten mit Spätfolgen gering erscheint: Sie sind deutlich länger krankgeschrieben als Patienten, die akut infiziert sind. In der WIdO-Analyse heißt es dazu: „Während eine akute Covid-19-Infektion mit durchschnittlich 9,5 krankheitsbedingten beruflichen Ausfalltagen verbunden war, sind es bei Beschäftigten mit einer anschließenden Long- oder Post-Covid-Symptomatik fast sieben Wochen.“

Omikron-Variante: Spätfolgen besonders stark

Interessant ist, dass offenbar nicht alle Varianten des Corona-Virus dieselbe Dimension von Folgeproblemen auslösen. Laut AOK stammt von Arbeitsunfähigkeitsfällen wegen Long- oder Post-Covid mehr als die Hälfte (54,5 Prozent) aus dem Zeitraum, in dem die Omikron-Variante des Corona-Virus vorherrschend war (Februar bis April 2022).

Diese Branchen waren am wenigsten von der Pandemie betroffen

So sehr Gesundheits- und Erziehungsberufe von der Pandemie betroffen waren, so wenig tangierte sie offenbar andere Branchen. Die niedrigsten Covid-19-bedingten Fehlzeiten wiesen der aktuellen Analyse zufolge Berufe in der Landwirtschaft auf (3.599 Erkrankte je 100.000 AOK-Mitglieder). Auf dem vorletzten Platz lag der Hochbau mit 5.809 Erkrankten je 100.000 AOK-Mitglieder.

Hauptkategorie: Corona
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