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Geschädigte Nerven schwächen das Immunsystem

Mittwoch, 20. September 2017 – Autor:
Nach einem Schlaganfall oder einer Rückenmarkverletzung erleiden Patienten oft schwere Infektionen. Charité-Forscher fanden heraus, warum: Die geschädigten Nerven schwächen das Immunsystem.
Venenkatheter

Nach Schlaganfall oder Rückenmarksverletzung sind Patienten sehr anfällig für Infektionen – Foto: ©goodmoments - stock.adobe.com

Nach einer Verletzung des Gehirns oder des Rückenmarks, etwa durch einen Schlaganfall oder einen Unfall, kommt es bei den Patienten oft zu schweren Infektionen wie Lungenentzündungen oder Harnwegsinfekten. Die erschweren die Regeneration des verletzen Nervengewebes und die Rehabilitation der Betroffenen.

Wissenschaftler der Charité-Universitätsmedizin Berlin fanden in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, der Harvard Medical School und der Ohio State University heraus, was die erhöhte Infektionsrate verursacht. Eine Fehlsteuerung des geschädigten Nervensystems führt zu einer gestörten Hormonfreisetzung in der Nebenniere, die die Abwehrkräfte des Organismus gegenüber Bakterien schwächt.

Rückenmark-Trauma führt zur Fehlfunktion der Nebenniere

Im gesunden Organismus werden die Nebennieren vom Nervensystem sowie von übergeordneten Hormonzentren kontrolliert. Man ging bisher davon aus, dass eine Verletzung des Zentralnervensystems über die Hormonachse zur Freisetzung von Kortison in der Nebenniere führt, während eine traumabedingte Stressreaktion die Ausschüttung der Nebennieren-Hormone Adrenalin und Noradrenalin verursacht.

„Unsere Daten zeigen, dass die Fehlfunktion der Nebenniere unter direkter Kontrolle des verletzten Nervengewebes steht“, erklärt der Neurologe Dr. Harald Prüß. Infolge eines Rückenmark-Traumas kommt es sogar zunächst zu einem Abfall der Stresshormone und zu einer gesteigerten Kortisonproduktion. Das zeigte sich an Mäusen.

Geschädigte Nerven schwächen das Immunsystem

Die veränderten Hormonspiegel führten aber zu einem dramatischen Abbau vieler Immunzellen, insbesondere von Vorläuferzellen der T- und B-Zellen. Dadurch schrumpften die für die Immunabwehr zuständigen Organe wie Milz, Thymus oder Lymphknoten um bis zu 80 Prozent ihrer Größe. Geschädigte Nerven schwächen also auf diesem Weg das Immunsystem.

Durch eine experimentelle Ausschaltung der Nebennieren ließ sich dieser massive Verlust von Immunzellen umkehren, allerdings waren die untersuchten Mäuse weiterhin anfällig für Infektionen. Wurde diesen Tieren hingegen Nebennieren-Gewebe auto-transplantiert, waren sie vor Infektionen geschützt. Die Nebennieren-Transplantate produzieren dabei die für den Körper notwendigen Hormone, stehen aber nicht mehr unter der dysfunktionalen Kontrolle des Nervensystems, wie sie sich sonst nach einer Rückenmarkverletzung ausbildet.

Lebensbedrohliche Infektionen besser in Griff bekommen

Die  Entdeckung dieses pathologischen Reflexbogens, der zu einer Immunparalyse führt, sei ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Behandlung von rückenmarkverletzten Patienten, so die Forscher. Die therapeutische Normalisierung dieses neuro-endokrinen Reflexes könnte eine wirksame Strategie sein, um die teils lebensbedrohlichen Infektionen nach einer Verletzung des Zentralnervensystems in den Griff zu bekommen, bilanziert Prof. Jan M. Schwab, Leiter der Abteilung für Neuroparaplegiologie der Charité.

Foto: goodmoments/fotolia.com

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