Genetische Ursachen der bipolaren Störung entdeckt

Sind es die Gene? Bislang größte genetische Studie ermöglicht umfassenderes Verständnis der biologischen Grundlagen von bipolaren Störungen
Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt: Manisch-depressive Menschen durchlaufen eine wahre Achterbahn der Emotionen. Das Krankheitsbild wird heute bipolare Störung genannt. Die Ursachen der psychischen Erkrankung sind noch nicht vollständig verstanden, jedoch scheinen genetische Faktoren eine wichtige Rolle zu spielen.
Ein internationales Forscherteam des „Psychiatric Genomics Consortiums“ hat in einer groß angelegten Studie nun 20 neue Gene in Zusammenhang mit dieser Erkrankung entdeckt. Es handelt sich dabei um die größte genomweite Assoziationsstudie bei Patienten mit bipolarer Störung.
Erbgut von 30.000 manisch depressiven Patienten untersucht
In der Studie wurde das Erbgut von fast 30.000 Patienten mit bipolaren Störungen untersucht und mit rund 170.000 Kontrollpersonen verglichen. Dabei entdeckten die Forscher 30 Regionen, die mit der Erkrankung in Zusammenhang stehen. „Davon waren 20 der auf der DNA identifizierten Loci Neuenddeckungen in Bezug auf die bipolare Störung“, sagt Prof. Dr. Sven Cichon vom Institut für Medizinische Genetik und Pathologie des Universitätsspitals Basel und Department Biomedizin der Universität Basel. Die in den identifizierten Regionen gelegenen Gene kodieren beispielsweise für Ionenkanäle, die das Aktionspotenzial von Neuronen beeinflussen können. Darüber hinaus liegen nun erstmals Hinweise vor, dass auch die Insulinregulation und das Endocannabinoidsystem bei der Krankheitsentstehung beteiligt sein könnten. Letzteres steht mit der Schmerzregulation in Zusammenhang.
Verwandtschaft zu Schizophrenie und Depressionen
Die Wissenschaftler des Forscherkonsortiums konnten außerdem zwei Untergruppen der bipolaren Störung genetisch unterscheiden. Der erste Typ geht mit sehr extremen manischen und depressiven Phasen einher und ist auf genetischer Ebene eher mit der Schizophrenie verwandt. Der zweite Typ verläuft milder und deutet eher auf eine Verwandtschaft mit der Depression hin.
Für die Patienten hat die Entdeckung momentan noch keine Bedeutung, für die Forscher sehr wohl: . „Je genauer wir die biologischen Grundlagen der Erkrankung verstehen, desto besser können neue Medikamente entwickelt werden“, sagt Dr. Andreas Forstner, einer der Erstautoren und Humangenetiker an der Universität Marburg. Allerding sei es bis dahin noch ein weiter Weg.
Die Arbeit “Genome-wide association study identifies 30 Loci Associated with Bipolar Disorder” ist soeben im Fachmagazin „Nature Genetics“ erschienen. Es waren daran rund 280 Wissenschaftler daran beteiligt, darunter Wissenschaftler der Universitäten Bonn, Marburg, München und Basel.
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