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Generelles Zweitmeinungsverfahren könnte Patienten und Ärzten helfen

Donnerstag, 9. Juli 2015 – Autor: Cornelia Wanke
Laut einer Umfrage der Asklepios Kliniken wäre es für Ärzte und Patienten einfacher, ein generelles Zweitmeinungsverfahren einzuführen – und auch effizienter.

Eine zweite Meinung einzuholen, kann auch in der Medizin nicht schaden! – Foto: lev dolgachov

In einer Ärzte-Trendbefragung von über 100 niedergelassenen Ärzten und Klinikern in ganz Deutschland hatten die Asklepios Kliniken ermittelt, dass 53 Prozent der deutschen Ärzte kritisieren, eine Begrenzung des Zweitmeinungsverfahrens auf bestimmte Operationen und Eingriffe sei zu kompliziert – „und zwar für Mediziner und Patienten. 42 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass eine neue Regelung die Kosten im Gesundheitssystem senken und unnötige Operationen vermeiden würde“, schreibt die private Klinikkette in einer Pressemitteilung. 

Die Notwendigkeit, das Zweitmeinungsverfahren nicht auf bestimmte Operationen und Eingriffe zu begrenzen, belegten auch Zahlen, die im Rahmen des Frühjahrsforums der Deutschen Hochschulmedizin 2013 präsentiert wurden. Routinedaten hätten ergeben, dass bei vielen Patienten der Wirbelsäulenchirugie ein zwölfwöchiger Versuch der Schmerzreduktion durch Arzneimittel nicht unternommen worden sei. Zudem hätten nur 40 Prozent der Patienten der Wirbelsäulenchirugie in den Quartalen vor der Operation Kontakt zu einem ambulanten Facharzt. „Deutschlands Mediziner sollten ihren Patienten beim geringsten Zweifel zur zweiten Meinung raten, um so deren Gesundung bestmöglich zu forcieren“, wird Dr. Thomas Wolfram, Geschäftsführer und Sprecher der Asklepios Kliniken Hamburg, zitiert

Ärzte wurden nur von fünf Prozent ihrer Patienten auf eine zweite Meinung angesprochen

Noch seien Deutschlands Ärzte davon weit entfernt, ihren Patienten das Einholen einer Zweitmeinung zu empfehlen. „Im Durchschnitt legen die Mediziner nur 13 Prozent ihrer Patienten die Einholung einer weiteren Meinung nahe“, heißt es in der „Ärzte-Trendbefragung Zweitmeinungsverfahren". Selbst bei Bandscheibenvorfällen würden Mediziner in nur 23 Prozent der Fälle zur Einholung einer zweiten Empfehlung raten. Auch die Patienten selbst seien beim Thema Zweitmeinung wenig aktiv: „Im Durchschnitt wurden die Ärzte nur von fünf Prozent ihrer Patienten darauf angesprochen, dass sie sich einen zweiten Ansprechpartner wünschen“, heißt es in der Befragung.

Dabei seien die Vorteile des Zweitmeinungsverfahrens für Experten eindeutig: "Deutschlands Patienten haben viel bessere Entscheidungsmöglichkeiten, auch in Bezug auf alternative Behandlungen", so Dr. Wolfram. "Der behandelnde Arzt bekommt zudem mehr Sicherheit, da seine Behandlungsempfehlung mit hoher fachlicher Expertise überprüft wird." 

Ärzte würden häufiger zum Zweitmeinungsverfahren raten, wenn Krankenkassen die Kosten übernehmen würden

Bei der Nachfrage nach dem Zweitmeinungsverfahren spiele, so die Asklepios Kliniken,  auch das Thema Finanzierungssicherheit eine große Rolle: Vier von zehn Medizinern geben an, dass ihre Patienten oft unsicher darüber sind, ob ihnen zusätzliche Kosten entstehen. Mit einem standardisierten Zweitmeinungsverfahren könnte sich das ändern. „Mehr als ein Drittel der befragten Ärzte würde sogar öfter eine zweite Meinung empfehlen, wenn sichergestellt wäre, dass die Krankenkassen die Kosten dafür lückenlos übernehmen würden“, heißt es in der Studie. 

Foto: Fotolia - Syda Productions

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

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