Gefälschte Zulassungsstudien – EMA ermittelt
Nach WDR-Informationen überprüft die Europäische Arzneimittelbehörde EMA derzeit hunderte Studien der indischen Firma GVK Biosciences (GVK Bio). Das Unternehmen führt für viele weltweit agierende Pharmakonzerne Auftragsforschungen in Asien durch. Jetzt sind so genannte Bioäquivalenzstudien in den Blick der Behörden geraten, die notwendig für die Zulassung von Generika - also von Nachahmerpräparaten - sind. Hersteller von Generika müssen in Studien nachweisen, dass ihr Medikament sicher und in seiner Wirksamkeit mit dem Original vergleichbar ist. Ob bei den entsprechenden zulassungsrelevanten Studien geschummelt worden ist, untersucht die für die Sicherheit von Arzneimitteln zuständigen Behörden in der EU nach WDR-Informationen schon seit Monaten. Hinweise auf Fälschungen hatte die französische Überwachungsbehörde ANSM im Mai geliefert, nachdem sie neun Studien von GVK Bio überprüft hatte. Demnach soll ein Teil der Studienergebnisse gefälscht worden sein.
Mehr als 100 Medikamentenzulassungen überprüft
Es werde derzeit geprüft, ob das Ruhen der betroffenen Zulassungen angeordnet werde, teilte das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Anfrage von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung mit. Die bisherigen Untersuchungen der Behörden haben keine Hinweise auf Gesundheitsgefahren für die Verbraucher ergeben, zitiert der WDR das BfArM weiter. Sie deuteten aber offenbar auf systematische Fälschungen hin. Um wie viele Medikamente es sich tatsächlich handelt, konnte das BfARM nicht exakt sagen. Nach Recherchen von NDR, WDR und SZ werden allein in Deutschland mehr als 100 Zulassungen überprüft.
Den Reporten liegt offenbar ein Brief der Leiterin der Abteilung für die Zulassung von Arzneimitteln bei der EU-Kommission, Sabine Jülicher, an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der EMA vor. Jülich soll darin Ergebnisse der französischen Behörde zitieren. Danach sind in allen neun untersuchten Studien ein Teil der Elektrokardiogramme - also die Ergebnisse von Herzuntersuchungen - manipuliert worden. Mindestens zehn verschiedene Personen hätten die Fälschungen in der Firma vorgenommen - und zwar mindestens zwischen Juli 2008 und 2013. Die "systematische Natur der Fälschungen", der lange Zeitraum, in denen sie stattfanden und die Zahl der daran beteiligten Mitarbeiter würden kritische Defizite im Qualitätssystem in der Klinik von GVK BIO aufzeigen, heißt es laut WDR in dem Brief. Die Schwere der identifizierten Mängel würde die Zulässigkeit aller dort vorgenommen Bioäquivalenz-Studien in Frage stellen.
EU-Kommission muss über Verkaufsstopp entscheiden
GVK BIO soll sich auf Anfrage von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung nicht zu den aktuellen Untersuchungen geäußert haben. Aktuell laufe auf EU-Ebene noch ein Anhörungsverfahren, teilte der WDR mit. Über einen möglichen Verkaufsstopp entscheide am Ende die EU-Kommission.
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