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Frühchen: Offenbar keine Entwicklungsstörungen durch niedrig dosierte Kortikoide

Mittwoch, 19. April 2017 – Autor: Anne Volkmann
Bei Frühgeborenen kommt es häufig zu einer bronchopulmonalen Dysplasie, einer gefürchteten Lungenerkrankung. Die vorbeugende Behandlung mit niedrig dosierten Kortikoiden ist zwar wirksam, galt aber lange als risikoreich. Eine aktuelle Studie scheint diese Befürchtungen nun zu zerstreuen.
Therapie für Frühchen

Hydrocortison kann das Risiko für Lungenerkrankungen bei Frühchen senken – Foto: Tobilander - Fotolia

Das Risiko einer bronchopulmonalen Dysplasie bei Frühgeborenen kann durch die präventive Gabe von Kortikoiden verringert werden. Die Lungenerkrankung macht häufig eine Beatmung erforderlich und kann die geistige und körperliche Entwicklung der Kinder beeinträchtigen. In den späten 1990er-Jahren wurden Frühgeborene daher häufig präventiv mit Dexamethason, einem hochwirksamen Kortikoid, behandelt, doch in der Folge kam es zu einer gesteigerten Anzahl neurologischer Entwicklungsstörungen, weshalb von der präventiven Gabe von Kortikoiden wieder Abstand genommen wurde. Seit einiger Zeit werden nun andere Steroide in einer niedrigeren Dosierung eingesetzt. Nun haben französische Forscher untersucht, wie sich dies zwei Jahre nach der Behandlung auf die Kinder ausgewirkt hat.

Low-dose Hydrocortison kann Lungenschäden verhindern

In einer ersten Studie hatten Kinder, die vor der 28. Schwangerschaftswoche geboren worden waren, sieben Tage lang zweimal täglich intravenöse Infusionen mit 0,5 mg/kg Hydrocortison erhalten. Danach wurde das Kortikoid noch drei Tage lang einmal täglich gegeben. Wie sich zeigte, konnte durch die präventive Gabe des Hydrocortisons der Anteil der Kinder, die ohne bronchopulmonale Dysplasie überlebten, von 51 auf 60 Prozent gesteigert werden. Umgerechnet hieß das, dass zwölf Kinder behandelt werden mussten, damit eines ohne bronchopulmonale Dysplasie überlebte. Die Resultate der PREMILOC-Studie waren im Jahr 2016 im Fachmagazin The Lancet veröffentlicht worden.

Die Folgen der Behandlung für die weitere Entwicklung der ehemaligen Frühchen haben nun Forscher um Olivier Baud von der Kinderklinik Robert Debré in Paris analysiert. Dazu haben sie 379 der behandelten Kinder im Alter von 22 Monaten neurologisch untersu­cht. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher nun im amerikanischen Ärzteblatt JAMA.

Kein Anstieg von neurologischen Entwicklungsstörungen

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass 73 Prozent der Kinder, die das Hydrocortison erhalten hatten, ohne neurologische Beeinträchtigungen blieben - in der Placebogruppe waren es 70 Prozent. Auch ein Anstieg des Risikos für eine Zerebralparese, wie er in einer früheren Studie gefunden wurde, trat in der aktuellen Untersuchung nicht auf. Leichte neurolo­gische Entwicklungsstörungen wiesen in der Hydrocortison-Gruppe 20 Prozent der Kinder gegenüber 18 Prozent bei den unbehandelten Kindern auf. Mittelschwere bis schwere neurolo­gi­sche Beeinträchtigungen hatten sieben Prozent der behandelten Kinder gegenüber elf Prozent bei denen, die kein Kortikoid erhielten. Damit waren die Unterschiede nach Angaben der Studienautoren nicht signifikant. Ihrer Meinung nach ist damit eine Therapie mit Low-dose Hydrocortison bei Frühgeborenen als Prävention einer bronchopulmonalen Dysplasie als sicher einzustufen.

Foto: © Tobilander - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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