Forscher: Makrophagenmembran schützt Gelenke vor Entzündung

Im Kniegelenk wurde sie entdeckt: Eine Barriere aus Makrophagen, die Gelenke vor Entzündungen schützt
Makrophagen haben eine wichtige Aufgabe: Sie spüren körperfremde Strukturen wie Krankheitserreger auf und machen sie unschädlich. Bei chronisch-entzündlichen Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis (RA) oder Multiple Sklerose (MS) greifen die Fresszellen jedoch körpereigene Zellen an. Entzündungen und die Zerstörung von Gelenken und Organen sind die Folge.
Um zu verstehen, wie es zu dem zerstörerischen Prozess kommt haben Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) untersucht, welche Arten von Fresszellen im Kniegelenk vorkommen und welche Funktion sie eigentlich haben. Dabei haben sie eine überraschende Entdeckung gemacht: Entlang der Gelenkinnenhaut, der sogenannten Synovialmembran, befindet sich ein geschlossener Mantel aus bestimmten Makrophagen, der das Gelenk vom umliegenden Gewebe isoliert. „Die schrankenartigen Verbindungen ähneln stark der Epithelschicht im Darm“, erklärt Projektleiter Gerhard Krönke. Professor für Translationale Immunologie an der FAU.
Eine Gruppe von Makrophagen vermehrt sich im Gelenk
Molekulare Analysen zeigten, dass diese speziellen Makrophagen nicht (wie sonst üblich) aus im Knochenmark gebildeten Blutmonozyten entstehen, sondern dauerhaft im Gewebe angesiedelt sind und sich dort vermehren. Diese Membran aus Fresszellen scheint Gelenke vor Entzündungen zu schützen, ist das Gelenk jedoch durch eine Autoimmunerkrankung entzündet, ist die Schutzbarriere beschädigt oder fehlt sogar ganz. „Bisher ist man davon ausgegangen, dass Makrophagen zu rheumatoider Arthritis beitragen. Jetzt wissen wir, dass sie Entzündungsreaktionen eindämmen können“, so Immunologe Krönke.
Mit Genexpressionsanalysen und Laserlicht aufgespürt
Für die Untersuchung nutzten die Forscher ein selbst entwickeltes bildgebendes Verfahren, bei dem mit Zimtsäureethylester – eine Flüssigkeit, die eigentlich als Aroma für Weihnachtsgebäck verwendet wird – die Gelenke zunächst transparent gemacht werden konnten. Anschließend wurden die Proben unter einem Lichtblattmikroskop scheibchenweise durchleuchtet. „Man muss sich das vorstellen wie bei einem CT, nur dass in unserem Fall keine Röntgenstrahlung, sondern ein Laser zum Einsatz kommt“, sagt Dr. Annika Grüneboom. Ein spezielles Computerprogramm setzte die aufgenommenen Abschnitte schließlich zu einem dreidimensionalen Modell zusammen.
Durch aufwändige Genexpressionsanalysen auf Einzelzelleben konnten die Forscher außerdem verschiedene Arten von Makrophagen mit stark divergierenden Aufgaben identifizieren. So stießen sie auch auf jene Subgruppe, die dauerhaft im Gewebe angesiedelt ist, sich dort vermehrt und den beschriebenen Schutzmantel bildet.
Entdeckung könnte neue Therapien gegen Rheuma ins Rollen bringen
Die Erkenntnisse der Forscher sind für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen und speziell für die Rheumatoide Arthritis von großem Wert: Neuere Ansätze, die fehlgesteuerte Fresszellen bei Entzündungen bekämpfen sollen, könnten nämlich auch Schaden anrichten, indem sie die Schutzmembran aus residenten Makrophagen zerstören.
Interessant könnte die Entdeckung der Makrophagenmembran auch für die Krebsforschung sein: So vermutet das Team um Krönke, dass Makrophagen solide Tumore ebenso einhüllen und schützen wie Gelenke – bei Krebs ist das allerdings ein unerwünschter Effekt. „Makrophagen können Leben retten, sie können Leben aber auch zerstören“, betont Gerhard Krönke. „Es liegt noch viel Forschungsarbeit vor uns.“
Das Forschungsvorhaben erfolgten im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe FOR2886 PANDORA (Pathways triggering Autoimmunity and Defining Onset of early Reumatoid Arthritis) und des DFG-Sonderforschungsbereichs SFB1181 „Schaltstellen zur Auflösung von Entzündung“.
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