Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Fördern Darmbakterien Entstehung der Multiplen Sklerose?

Donnerstag, 18. Oktober 2018 – Autor:
Bei der Multiplen Sklerose werden die Schutzhüllen der Nervenzellen vom körpereigenen Abwehrsystem geschädigt. Darmbakterien könnten bei diesem Krankheits-Mechanismus eine große Rolle spielen.
myelinscheiden, gehirn, nervenzellen, ms, ms-patient

An den lädierten Stellen im Gehirn von MS-Patienten (unten) fehlt das Myelin (oben in blau).

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das körpereigene Abwehrsystem gegen die Hüllen von Nervenzellen im Gehirn richtet und sie zusehends zersetzt. Diese Myelin-Hüllen bestehen aus einer Membran aus Fetten und Eiweißen. Bislang konzentrierte sich die Wissenschaft auf die Suche nach Antigenen, die die Myelin-Hüllen zum Ziel der körpereigenen Antikörper machen könnten.

Neue Resultate der Forschungsgruppe um Mireia Sospedra und Roland Martin vom Klinischen Forschungsschwerpunkt Multiple Sklerose der Universität Zürich legen nun nahe, dass die Ursprünge des pathologischen Prozesses in der Darmflora, bei bestimmten Darmbakterien, zu finden sind.

Fördern Darmbakterien Entstehung der Multiplen Sklerose?

Wie die Forscher in der Zeitschrift Science Translational Medicine berichten, reagieren die T-Helfer-Zellen, also die für die pathologischen Prozesse verantwortlichen Immunzellen, auf ein Eiweiß namens GDP-L-Fucose-Synthase. Dieses Enzym wird sowohl von menschlichen Zellen wie auch von Bakterien gebildet, die in der Darmflora von MS-Patienten gehäuft zu finden sind.

"Wir denken, dass die Immunzellen im Darm durch das von den Bakterien gebildete Enzym aktiviert werden, dann ins Hirn wandern und dort eine Entzündungskaskade anstoßen, wenn sie der menschlichen Variante ihres Ziel-Antigens begegnen", sagt Mireia Sospedra. Die Darmbakterien fördern so möglicherweise die Entstehung der Multiplen Sklerose.

Immunsystem der Multiple-Sklerose-Kranken umerzogen

Im klinischen Versuch entnahmen die Forscher den MS-Patienten Blut. Im Labor klebten sie die immunaktiven Eiweißfragmente auf die Oberfläche der roten Blutkörperchen. Wenn sie danach das Blut wieder in den Körper einleiteten, halfen die Fragmente, das Immunsystem der Kranken gewissermassen umzuerziehen und gegenüber ihrem eigenen Hirngewebe tolerant zu machen.

Für die genetisch definierte Untergruppe von MS-Patienten (HLA-DRB3*–positive Patienten), an der diese Untersuchung vorgenommen wurde, zeigte sich jedenfalls, dass die bakteriellen Darmbewohner eine viel größere Rolle bei der Entstehung von MS spielen könnten als bisher vermutet.

Weniger Nebenwirkungen als übliche MS-Therapie

Sospedra hofft, die Erkenntnisse schon bald therapeutisch nutzen zu können. Sie plant, die immunaktiven Bestandteile der GDP-L-Fucose-Synthase noch stärker ins Visier zu nehmen. "Unser klinischer Ansatz richtet sich spezifisch gegen die pathologischen autoreaktiven Immunzellen", sagt Sospedra.

Damit unterscheidet er sich von den aktuell verfügbaren Behandlungen, die das gesamte Immunsystem drosseln. Mit ihnen gelingt es zwar oft, die Entwicklung der Krankheit aufzuhalten, doch die Behandlungen führen gleichzeitig zu einer Schwächung des Abwehrsystems - und können deshalb mitunter schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen. Ein anderer Therapie-Ansatz versucht, die Einwanderung der Immunzellen ins Gehirn zu stoppen.

Foto: Dr.Imke Metz, Universität Göttingen

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Multiple Sklerose

Weitere Nachrichten zum Thema Multiple Sklerose

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin