Fleisch-Alternativen: Eiweiß für den Menschen – ohne Stress für den Planeten

Fleisch aus konventioneller Massenproduktion ist billig, weil die Folgekosten für Umwelt, Klima und Gesundheit von der Allgemeinheit bezahlt werden. Das Fraunhofer-Institut entwickelt Methoden zur Proteingewinnung, die den Planeten deutlich weniger belasten, als es die konventionelle Fleischproduktion tut. – Foto: AdobeStock/Shuang Li
Menschen brauchen Nahrungseiweiß – und Fleisch ist verfügbar und, gemessen am Ladenpreis, günstig. Das Problem bei der industriellen Fleischproduktion sind die ökologischen Folgen, die im Ladenpreis nicht enthalten sind. Durch die konventionelle Fleischproduktion entstehen Umweltschäden, für die die Allgemeinheit bezahlt. Wir produzieren und essen mehr Fleisch, als der Planet auf Dauer verkraften kann, denn für ein kleines Stück Fleisch verbrauchen wir eine unverhältnismäßig große Menge an Wasser, Fläche und unbelasteter Natur. Laut „Water Footprint Network“ sind für die Produktion eines Kilo Fleisches 16.000 Liter Wasser nötig – für ein Kilo Weizen aber 1.350 Liter. Um ein Kilogramm Schweinefleisch zu erhalten, müssen fünf Kilogramm Viehfutter produziert werden.
Regenwälder werden zu Äckern für Viehfutter – und Menschen hungern
„Da der Fleischkonsum weltweit steigt, werden Jahr für Jahr riesige Flächen Wald gerodet, um beispielsweise die eiweißreiche Sojabohne anzubauen“, heißt es in einer Information der Umweltschutzorganisation Greenpeace. „So weichen jedes Jahr artenreiche Wälder Mais und Sojaäckern, um darauf Viehfutter statt Lebensmittel anzupflanzen und das wirkt sich verheerend auf die Welternährungssituation aus.“
Fleisch: 80 Prozent der Fläche – für 20 Prozent der Nahrung
Gemessen an der weltweiten landwirtschaftlichen Fläche werden laut Greenpeace etwa 80 Prozent für die Viehproduktion und den Futtermittelanbau genutzt. Dabei machen tierische Lebensmittel nicht einmal 20 Prozent der weltweiten Nahrungsenergieversorgung aus. „Ein Drittel der weltweiten Getreideernte verschwindet im Tiermagen“, so die Umweltschutzorganisation. Die Flächen, auf denen Tierfutter wie Getreide, Mais und Soja angebaut werde, könnten um ein Vielfaches effizienter für die menschliche Ernährung in Form von Pflanzen verwendet werden.
20 Prozent der Treibhausgas-Emissionen durch Tierhaltung
Die weltweite Tierhaltung produziert Greenpeace zufolge 20 Prozent der Treibhausgasemissionen und gehört damit zu den wichtigsten Verursachern der globalen Erwärmung. Am klimaschädlichsten ist das Methan, das die Tiere bei der Verdauung ausstoßen, Hinzu kommen die Emissionen, die bei der Futtererzeugung enstehen und der Rodung von Wäldern zur Erschließung von landwirtschaftlichen Flächen für den Futteranbau.
Proteingewinnung – unabhängig vom Klimawandel
Weil die Produktion von Eiweiß ungesund viel Umwelt und Ressourcen verschlingt und im Klimawandel – sogar im so „wasserreichen“ Deutschland schon – Wasserknappheit droht, arbeiten Wissenschaftler von sechs Fraunhofer-Instituten in einem gemeinsamen Forschungsprojekt jetzt an der Entwicklung von Produktionssystemen, mithilfe derer der Eiweißbedarf der Weltbevölkerung sichergestellt werden kann, ohne Umweltzerstörung und Klimawandel noch zu beschleunigen – und zugleich möglichst unabhängig von immer extremeren Klimalagen.
Experten raten zum Umstieg auf alternative Energiequellen
„Seit langem raten Expertinnen und Experten dazu, auf neue, alternative Proteinquellen umzusteigen – nicht nur, um den Konsum von Nahrungsmitteln aus der Großtierhaltung zu reduzieren beziehungsweise diese zu ersetzen, sondern auch, um für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen“, heißt es beim Fraunhofer-Institut.
Massentaugliche Alternative zu Rind- und Schweinefleisch
Die Forscherinnen und Forscher wollen neuartigen Proteinquellen als nachhaltige und massentaugliche Alternative vor allem zu Schweine- und Rinderfleisch erschließen. Doch wie will oder kann man es schaffen, genug Eiweiß zu produzieren – auch ohne die bisherige Praxis der industriell funktionierenden Landwirtschaft? Hierfür entwickeln die Wissenschaftler nach eigenen Angaben neue Anbausysteme und -prozesse, mit denen nährstoffreiche Proteine zukünftig aus ausgewählten nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und für neue Produkte genutzt werden können. „Der Verbrauch von Wasser, Düngemitteln, Pestiziden und Antibiotika in der Ernährungswirtschaft ließe sich mit diesen neuen Systemen deutlich verringern“, so die Prognose der Fraunhofer-Forscher.
Quellen für hochwertige Proteine als Alternative zu Fleisch
Als alternative Proteinquellen haben die Forscher nachwachsende Proteinquellen identifiziert, die sämtlich ein für die menschliche Ernährung hochwertiges Aminosäureprofil enthalten – außerdem gleichzeitig gute Anwendungseigenschaften, wodurch sie für die Lebensmittelindustrie sehr attraktiv sind.
- Pflanzen (Kartoffeln, Weizengras, Luzerne)
- Insekten (Mehlwürmer)
- fadenförmige Pilze (z. B. Ständerpilze wie Seitling oder Shiitake)
- Mikroalgen
(Quelle: Fraunhofer IWU)
Vertical Farming für Pflanzen, Bioreaktoren für Pilze
Im Mittelpunkt des Fraunhofer-Projekts „FutureProteins“ stehen vier in sich geschlossene Anbausysteme: Vertical Farming für Pflanzen, Insect Farming für Insekten, Bioreaktoren für Pilze sowie Photobioreaktoren für Algen. Ein wichtiger Bestandteil im Projekt ist die Analyse und Bewertung von Energie-, Abfall- und Abwasserströmen in diesen vier Anbausystemen und den jeweiligen Aufarbeitungsprozessen. „Das Ziel sind geschlossene, kosteneffiziente und ressourcenschonende Kreisläufe entlang der Wertschöpfung“, heißt es beim Fraunhofer-Institut, mit möglichst wenig Emissionen.
50 Prozent weniger Dünger, 95 Prozent weniger Wasser
„Der große Vorteil der vier genutzten Anbausysteme besteht darin, dass die jeweiligen Proteinquellen ganzjährig, klimaunabhängig und dadurch mit hoher Effizienz und Resilienz angebaut werden können“, so das Fazit der Wissenschaftler. Im Vergleich zu herkömmlichen Anbauprozessen seien geschlossenen Systeme eine äußerst ressourcenschonende Methode: Vertical Farming benötigt lediglich 5% des Wassers und 50% weniger Dünger. Auf Pestizide kann gänzlich verzichtet werden.