Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Fibromyalgie: Erstmals organische Ursachen entdeckt

Freitag, 12. April 2013 – Autor: Anne Volkmann
Sie gelten oft als eingebildete Kranke: Patienten mit Fibromyalgie – denn bisher konnten für die chronischen Schmerzen keine organischen Ursachen gefunden werden. Doch jetzt hat ein Würzburger Forscherteam herausgefunden, dass bei der Erkrankung kleinste Nervenfasern zerstört sind.
Fibromyalgie - Ursachen

Fibromyalgie-Patienten leiden unter chronischen Schmerzen

Muskelkaterartige Schmerzen, für die von außen kein Grund erkennbar ist – das ist das typsische Symptom von Patienten mit Fibromyalgie. Hinzu kommen häufig Müdigkeit, schnelle Erschöpfbarkeit und Depressionen. Oft haben die Betroffenen einen Ärztemarathon hinter sich, weil die Krankheit falsch diagnostiziert oder gar nicht ernst genommen wird. Nun haben Würzburger Forscher erstmals organische Ursachen für die Krankheit entdeckt. In einer Studie fanden sie heraus, dass bei den von Fibromyalgie Betroffenen kleinste Nervenfasern geschädigt sind.

Das Team um Professor Claudia Sommer von der Universität Würzburg hat die sogenannten kleinkalibrigen schmerzleitenden Nervenfasern (small fibers) unter die Lupe genommen, die für die Wahrnehmung von Schmerzen und für das Temperaturempfinden zuständig sind. Mit Erfolg: „Wir haben bei Patienten mit einem Fibromyalgie-Syndrom deutliche Zeichen für eine Schädigung der kleinen Nervenfasern nachgewiesen“, erklären die Studienautoren. In einer Kontrollgruppe ohne Fibromyalgie fanden die Forscher diese Veränderungen nicht.

Schädigung der „small fibers“ bei Fibromyalgie

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler 35 Patienten untersucht, von denen 25 unter Fibromyalgie litten. Zehn waren an einer Depression erkrankt; an Schmerzen litten diese zehn Patienten jedoch nicht. Mit drei verschiedenen Testverfahren haben die Forscher die Studienteilnehmer untersucht: mit der quantitativen sensorischen Testung (QST), die thermische Wahrnehmungs- und Schmerzschwellen der kleinen Nervenfasern bestimmt, mit den Schmerz-assoziierten evozierten Potenzialen (PREP), anhand derer die elektrische Erregbarkeit der Nervenfasern festgestellt werden kann, und mit Stanzproben der Haut, die eine Analyse der Morphologie unter dem Mikroskop ermöglichen.

Die Ergebnisse waren eindeutig: „In allen drei Testverfahren fanden sich bei Patienten mit Fibromyalgie-Syndrom deutliche Zeichen für eine Schädigung der kleinen Nervenfasern“, erklären die Forscher. In der QST reagierten die Fibromyalgie-Patienten weniger empfindlich auf Temperaturreize als andere, in den PREP-Ableitungen zeigten sie schwächere Reaktionen auf die Schmerzreize, und unter dem Mikroskop konnten deutliche Veränderungen der Hautproben festgestellt werden. Unklar ist allerdings immer noch, warum es zu einer Schädigung der small fibers bei Fibromyalgie kommt.

„Pardigmenwechsel“ für Fibromyalgie

Die Forscher sprechen von einem „Paradigmenwechsel“ durch ihre Studie. Neurologin Sommer hofft auf ein sich wandelndes Bild von der Fibromyalgie, die vielleicht bald nicht mehr als psychologische Erkrankung stigmatisiert wird. Darüber hinaus hätten Mediziner jetzt erstmals ein objektiv messbares Kriterium an der Hand, das zur Orientierung bei der Diagnosestellung dienen kann.

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im Fachmagagzin „Brain“ veröffentlicht. Unter der oft mit Rheuma verwechselten Erkrankung leiden nach Angaben der Universität Würzburg rund zwei bis vier Prozent der Bevölkerung. Am häufigsten sind Frauen von Fibromyalgie betroffen.

Foto: Picture-Factory / Fotolia.com

Weitere Nachrichten zum Thema Schmerzen

29.11.2017

Dass Wärme gegen verschiedene körperliche Beschwerden hilft, haben die meisten Menschen schon am eigenen Leibe erfahren. Forscher haben nun gezeigt, dass spezielle Infrarotstrahler (wIRA) besonders zur Heilung chronischer Wunden und zur Linderung von Schmerzen beitragen können.

19.12.2020

Fibromyalgie ist eine schwer behandelbare Schmerzerkrankung mit unklarer Ursache. Ein neuer Behandlungsansatz wird jetzt an der Universitätsklinik Göttingen erforscht. Für die Studie werden noch Teilnehmerinnen gesucht.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin