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Fettleber geht an die Nieren

Montag, 21. August 2017 – Autor:
Eine Fettleber hat offenbar weitreichendere Folgen als bislang bekannt. Forscher konnten jetzt zeigen, wie das erkrankte Organ die Funktion von Nieren und Bauchspeicheldrüse beeinträchtigt.
Übergewicht: Eine Fettleber schädigt auch andere Organe, insbesondere die Bauchspeicheldrüse und die Nieren

Übergewicht: Eine Fettleber schädigt auch andere Organe, insbesondere die Bauchspeicheldrüse und die Nieren

Mit der Zahl der Übergewichtigen steigt auch die Zahl der Menschen mit einer krankhaft verfetteten Leber. In Industrienationen wie Deutschland hat bereits fast jeder dritte Erwachsene eine nichtalkoholische Fettleber. Doch nicht nur die Leber selbst wird durch das Fett geschädigt, was zu einer Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Auch das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen steigt. Ursache hierfür ist, dass eine Fettleber vermehrt Glucose, ungünstige Fette und Proteine wie das Hepatokin Fetuin-A produziert. Diese Stoffe gelangen dann in den Blutkreislauf und von dort  auch in andere Organe.

Schlechtes Eiweiß ruft Entzündungen hervor

Wissenschaftler vom Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) an der Universität Tübingen haben nun zeigen können, wie sich spezielle das Hepatokin Fetuin-A auf die Nieren und die Bauchspeicheldrüse auswirkt. Demnach löst das von der Fettleber freigesetzte Eiweiß Entzündungsprozesse an den beiden Organen aus – mit der Folge einer eingeschränkten Nieren- bzw. Pankreasfunktion. Letztere begünstigt die Entstehung von Diabetes. Die Ergebnisse der beiden Studien sind soeben in den Fachmagazinen Diabetologia und Diabetes Metab Res Rev veröffentlicht worden.

In der ersten Studie haben die Forscher pankreatische Zellen mit Fetuin-A behandelt. Dadurch produzierten reife Fettzellen der Bauchspeicheldrüse, aber insbesondere auch die Vorläuferzellen im Zusammenspiel mit Inselzellen mehr Entzündungsmarker und immunzell-anlockenden Faktoren. Neben diesem Laborexperiment analysierten die Forscher Gewebeproben von 90 Patienten histologisch. Dabei zeigt sich, dass der Anteil des Pankreasfettes bei den Untersuchten sehr stark variiert. In Bereichen, in denen sich viele Fettzellen angelagert haben, war die Anzahl von Abwehrzellen des Immunsystems (Monozyten/Makrophagen) deutlich erhöht.

Verringerte Insulinproduktion

Zusätzlich untersuchte das Team 200 Probanden mit einem erhöhten Risiko für Typ-2 Diabetes. Mithilfe eines MRT wurde der Pankreasfettgehalt gemessen und mit Diabetesparametern verglichen. In diesen Untersuchungen zeigte sich, dass in Personen, die schon eine verschlechterte Blutzuckerregulation aufwiesen, eine erhöhte Pankreasverfettung mit einer verringerten Insulinsekretion assoziiert war. Wird nicht genug Insulin ausgeschüttet, steigt der Blutzuckerspiegel an.

„Zusammenfassend lassen unsere Analysen vermuten, dass eine Fettleber zusammen mit einer Verfettung der Bauchspeicheldrüse eine erhöhte lokale Immunzellinfiltration und Entzündung auslöst, die den Krankheitsverlauf beschleunigen“, erklärt IDM-Leiter Hans-Ulrich Häring mit Blick auf Diabetes Typ 2.

Eingeschränkte Nierenfunktion

Fettgewebe ist laut den Forschern jedoch nicht per se schädlich. Es kann sogar schützende Effekte haben. So verfügt etwa das Fettgewebe, das um Blutgefäße oder die Niere lokalisiert ist, über regenerative Eigenschaften. „Erst das von der Fettleber produzierte Fetuin-A führt zu pathologischen Veränderungen“, berichtet Professorin Dorothea Siegel-Axel, Leiterin der Arbeitsgruppe Fettgewebe und Komplikationen in Tübingen. Die Folge: Statt wie bisher das Gewebe zu schützen, löst das Fettgewebe nun entzündliche Prozesse aus. „Für die betroffenen Menschen bedeutet das Einschränkungen der Nierenfunktion“, sagt Siegel-Axel. Dies hätten Untersuchungen an Arterien und der Niere gezeigt.

Die Untersuchungen zeigen außerdem, dass Übergewicht nicht per se einen Krankheitswert besitzt. Professor Hans-Ulrich Häring: „Die Aussage, dass Fettleibigkeit an sich immer eine krankmachende Wirkung besitzt, ist zu unpräzise. Erst die Bestimmung weiterer Parameter, wie Fettleber und Hepatokin-Spiegel und die dadurch ausgelösten Veränderungen in anderen Organen können genauere Hinweise liefern, ob ein Mensch ein erhöhtes Risiko hat, zu erkranken oder nicht.“

Foto: pixabay Freie kommerzielle Nutzung

Hauptkategorie: Medizin
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