Fesseln der integrierten Versorgung lösen!
Freitag, 4. Juli 2014
– Autor:
Cornelia Wanke
Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) fordert von der Bundesregierung, die Integrierte Versorgung aus ihren rechtlichen Fesseln zu befreien und mit innovativen Vorgaben zu fördern.
Netz statt Fesseln: Fachgesellschaft setzt sich für bessere Bedingungen für die IV ein.
– Foto: Rublov - Fotolia
„Es ist gut, dass sich nach Jahren der politischen Stagnation endlich wieder eine Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag auf die Potenziale der Integrierten Versorgung besinnt“, sagte Prof. Stefan G. Spitzer, Vorstandsvorsitzender der DGIV, bei der Vorstellung eines Positionspapiers zur Integrierten Versorgung (I.V.) in Berlin. „Doch Worten müssen nun Taten folgen und die Absichten sind mit versorgungsrelevantem Leben zu füllen.“
Höchste Priorität haben dabei der DGIV zufolge zwei Dinge: I.V.-Verträge sollten vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität befreit und die Budgetbereinigungspflicht für die ambulante selektivvertragliche Versorgung aufgehoben werden. „Wer mögliche anfängliche Mehrkosten von I.V.-Vorhaben nicht zulässt, verspielt durch diesen kurzfristigen Blick unabdingbare Investitionen für eine zukünftige bessere medizinische Versorgung“; sagt Prof. Bertram Häussler, DGIV-Vorstandsmitglied.
Entfallen sollte zudem die Pflicht, I.V.-Verträge nur mit einer überwiegenden Substitution von Regelleistungen zuzulassen. Sie sollten stattdessen künftig auch ganz oder überwiegend mit Add-on-Leistungen realisierbar sein.
Innovationsfonds sollte auch unterjährig Gelder vergeben können
Die Beantragung von Mitteln aus dem geplanten Innovationsfonds sollte viermal jährlich möglich sein, aber auch andere Finanzierungsquellen (z. B. Private Equity) sollten neben dem Fonds erschlossen werden.
Völlig unzureichend sei derzeit die wissenschaftliche Auswertung der Versorgungsleistungen in der Regel- und Selektivversorgung geregelt. Sie sei erforderlich, habe jedoch nach Vorgaben zu erfolgen, die der besonderen Spezifik der Leistungserbringung in unterschiedlichen Versorgungsformen und Sektoren angemessen Rechnung trägt.
Integrierte Versorgung: Waren die vergangenen Jahre verlorene Jahre?
Die Prüfung der I.V.-Verträge durch die Aufsichten des Bundes und der Länder wurde in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert und diskutiert. Die DGIV fordert daher in ihrer Pressemitteilung auch, die noch bestehenden Ungleichheiten in den Verfahren innerhalb der einzelnen Behörden und zwischen dem Bundesversicherungsamt (BVA) und den Länderaufsichten zu beseitigen.
Außerdem sollten Vorschläge erarbeitet werden, mit welchen Mindestangaben zu I.V.-Verträgen die Krankenkassen ihre Versicherten zu informieren haben. „Wir benötigen eine Art Beipackzettel für jedes I.V.-Projekt, damit Versicherte Angebote besser vergleichen und bewerten könnten“, erläutert Prof. Häussler.
Insgesamt seien „die Jahre der vergangenen Legislaturperiode der Bundesregierung für die Weiterentwicklung der Integrierten Versorgung verlorene Jahre“ gewesen, heißt es. „Wir brauchen mit Blick auf die komplexen Herausforderungen unseres Gesundheitswesens Strukturreformen, die nachhaltig, systematisch und vor allem versorgungswissenschaftlich begründet sind“, so Prof. Spitzer.