Feinstaub kann latente Herpesviren aufwecken
Feinstaub kann möglicherweise einen größeren Schaden anrichten als gedacht. Wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum München berichten, dass Nanopartikel aus Verbrennungsmotoren Viren aktivieren können, die in Lungengewebszellen ‚ruhen‘. Zu diesen schlummernden Viren gehören auch Herpesviren. In einem Versuchsmodell für eine bestimmte Herpesinfektion konnten die Infektiologen einen deutlichen Anstieg viraler Proteine nachweisen, die nur bei aktiver Virusvermehrung produziert werden. Außerdem ergaben Stoffwechsel- und Genexpressionsanalysen die gleichen Muster wie bei einer akuten Infektion.
Nanopartikel verändern Immunsystem
„Aus vorangegangenen Modellstudien wussten wir bereits, dass das Einatmen von Nanopartikeln eine entzündliche Wirkung hat und das Immunsystem verändert“, sagt Studienleiter Dr. Tobias Stöger vom Institut für Lungenbiologie. Jetzt habe man zeigen können, dass „eine Exposition mit Nanopartikeln in der Lunge latente Herpesviren reaktivieren kann.“
Schlafende Viren, die sich in Zellen verstecken, um dem Immunsystem zu entkommen, sind ein bekanntes Phänomen. Wissenschaftler sprechen auch von latenten Infektionen. Bei geschwächtem Immunsystem werden die Viren wieder aktiv und beginnen sich zu vermehren. Herpes ist dafür ein typisches Beispiel.
Doch dass schlafende Herpesviren in der Lunge durch Feinstaub geweckt werden können, war bislang nicht bekannt. Auch Epstein-Barr-Viren wurden auf diese Art und Weise aktiviert, wie weitere Experimente mit menschlichen Zellen zeigten.
Weitere Studien erforderlich
Noch ist allerdings nicht klar, ob sich die Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen lassen. Das wollen die Helmholtz-Wissenschaftler nun in einer fortführenden Studie klären. „Viele Menschen tragen Herpesviren in sich und Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose sind dabei besonders betroffen“, sagt Co-Autor Heiko Adler. „Wenn sich die Ergebnisse beim Menschen bestätigen, wäre es wichtig, den molekularen Ablauf der Reaktivierung von latenten Herpesviren durch Partikelinhalation zu ergründen. Dann könnte man versuchen, diesen Wirkungsweg auch therapeutisch zu beeinflussen.“
Außerdem wollen die Wissenschaftler in einer Langzeitstudien prüfen, inwieweit eine wiederholte Partikelexposition mit entsprechender Virus-Reaktivierung zu chronischen Entzündungs- und Umbauprozessen in der Lunge führen kann.
Die bisherigen Ergebnisse sind soeben im Fachmagazin ‚Particle and Fibre Toxicology‘ erschienen.
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