Fachgesellschaften weiter für Grippemittel Tamiflu und Relenza
Tamiflu (Oseltamivir) galt – zumindest, wenn es rechtzeitig eingenommen wurde – bisher als sicheres Mittel gegen Grippe. Auch Relenza (Zanamivir) wurde von vielen Ärzten als wirksamens Grippemittel empfohlen. Doch nachdem bisher von den Herstellern zurückgehaltene Daten veröffentlicht worden waren, entstanden Zweifel an den Wirkstoffen. Und eine Meta-Analyse der Cochrane Collaboration schien diese Zweifel zu bestätigen – ein herber Rückschlag für die Hersteller, aber auch für die Patienten, die sich bisher auf die Wirksamkeit der Grippemittel verlassen hatten.
Kritik an Cochrane Collaboration
Nun haben sich medizinische Fachgesellschaften jedoch dafür eingesetzt, Tamiflu und Relenza weiterhin gezielt gegen Grippe zu verabreichen. In einem aktuellen Schreiben kritisieren die Gesellschaft für Virologie (GfV), die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) und die Paul Ehrlich Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) die Vorgehensweise der Cochrane Collaboration.
So hatte die gemeinnützige Organisation in ihrer im April erschienenen Analyse zwar einen vorbeugenden Schutz durch Tamiflu und Relenza bestätigt, den therapeutischen Nutzen der Grippemittel aber als gering eingestuft. Zudem wurde in der Veröffentlichung eine Reihe nicht unerheblicher Nebenwirkungen aufgezählt. „Die Cochrane Collaboration fällte ihr Urteil zum therapeutischen Nutzen nur aufgrund von Placebo-kontrollierten randomisierten Studien und Daten, die überwiegend bei ansonsten gesunden Personen erhoben wurden“, so Privatdozentin Michaela Schmidtke vom Uniklinikum Jena, Vorsitzende der Kommission antivirale Therapie von GfV, DVV und PEG. Zudem sei in der Analyse eine kürzlich veröffentlichte Beobachtungsstudie mit mehr als 29.000 Teilnehmern nicht berücksichtigt worden.
Fachgesellschaften: Keine Alternativen für Tamiflu und Relenza
Die nicht in die Analyse einbezogene Studie zeige, „dass bei Infektionen mit Grippeviren eine frühe Behandlung mit Oseltamivir schwere Folgeerkrankungen und die Sterblichkeit signifikant mindert“, erklärt Schmidtke. GfV, DVV und PEG empfehlen daher, nicht auf den Einsatz von Tamiflu und Relenza zur gezielten Grippe-Vorbeugung sowie zur raschen Therapie von stark betroffenen Grippepatienten zu verzichten. Auch Menschen mit erhöhtem Komplikationsrisiko wie beispielsweise Kleinkinder, chronisch Kranke und Menschen über 65 Jahren sollten weiterhin die Grippemittel einnehmen. Diese Aussage wird von der Bundesregierung unterstützt und entspricht auch den Empfehlungen der US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention).
Die Fachgesellschaften weisen in ihrem Newsletter auch darauf hin, dass es bisher keine Alternativen zu Tamiflu und Relenza gebe. Um neue und wirkungsvollere Medikamente zu entwickeln, sei es nötig, die Grundlagenforschung zu fördern. Aber auch die Pharmaindustrie müsse mehr Initiative zeigen.
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