Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

EU-Rat einigt sich auf neue Medizinprodukteverordnung

Dienstag, 23. Juni 2015 – Autor:
Der EU-Ministerrat hat sich auf eine gemeinsame Linie für eine neue Medizinprodukteverordnung verständigt. Ob die neue Regelung tatsächlich für mehr Sicherheit sorgt, bleibt fraglich. Eine zentrale Zulassungsstelle für Medizinprodukte wird es schon mal nicht geben.
Europa soll in 2015 eine neue Medizinprodukteverordnung bekommen. Kritiker werten den neuen Entwurf als halbherzigen Beschluss

Europa soll in 2015 eine neue Medizinprodukteverordnung bekommen. Kritiker werten den neuen Entwurf als halbherzigen Beschluss

Zahlreiche Medizinprodukteskandale haben eine Überarbeitung der Medizinprodukteverordnung erforderlich gemacht. Am Freitag konnte sich der EU-Ministerrat auf eine gemeinsame Linie verständigen. Im Kern sind strengere Regeln vor allem bei der Marktüberwachung vorgesehen. Nach der neuen Regelung müssen sogenannte Hochrisiko-Medizinprodukte künftig klinische Studien durchlaufen, die deren Sicherheit und Wirksamkeit belegen. Erst dann sollen sie zugelassen werden. Allerdings gibt es viele Schlupflöcher. Nicht zuletzt bei den Krankenkassen kritisiert man den neuen Entwurf deshalb als halbherzigen Beschluss. „Grundsätzlich sind zwar klinische Studien vorgesehen, gleichzeitig gibt es aber so viele Ausnahmeregelungen, dass die Hersteller leicht darum herumkommen werden“, bemängelte etwa AOK-Vorstand Jürgen Graalmann. Nachweise des Nutzens von Produkten durch Studien müssten aber der Qualitätsmaßstab der Medizinproduktehersteller werden, betonte er.  

Für eine europäische Zulassungsstelle gab es im Rat keine Mehrheit

Viele Experten hätten sich außerdem eine zentrale europäische Zulassungsstelle für Medizinprodukte gewünscht. Doch dazu konnte sich der EU-Rat offenbar nicht durchringen. Stattdessen werden weiterhin über ganz Europa verteilte sogenannte benannte Stellen Konformitätsbewertungen durchführen. Die Überwachung der benannten Stellen werde zwar verbessert, sagte AOK-Vorstand Graalmann. „Es bleibt aber zu einfach für die Unternehmen, ein CE-Kennzeichen für ihre Hochrisikomedizinprodukte zu erhalten.“

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) sieht dagegen keine Notwendigkeit für eine zentrale Zulassungsbehörde und hält das jetzige System für ausreichend. Für zentralisierte staatliche Zulassungssysteme wie in den USA gebe es keinen Nachweis, dass sie Vorteile für die Patientensicherheit bieten, teilte der Verband am Freitag mit. Der BVMed beruft sich dabei auf eine Vergleichsstudie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2011, die unter anderem alle Rückrufe analysierte. Demnach schnitten die USA nicht besser ab.

Auch eine verbindliche Haftpflichtversicherung für die Hersteller ist vom Tisch. Das heißt, dass Patienten im Schadensfall leer ausgehen, wenn das Unternehmen Konkurs gemacht hat. AOK-Vorstand Jürgen Graalamm: "Es hat den Mitgliedstaaten, insbesondere auch Deutschland, offensichtlich an Mut gefehlt, einen wirklichen Schritt in Richtung mehr Patientensicherheit zu tun.“

Die neue Linie muss noch das EU-Parlament und die Kommission passieren

Kassen wie die AOK hoffen nun, dass in den anstehenden Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission doch noch wesentliche Verbesserungen für die Patientensicherheit bei Hochrisikomedizinprodukten erreicht werden. Denn bei der neuen Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation – MDR) ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Foto: © vector_master - Fotolia.com

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Medizintechnik

Weitere Nachrichten zum Thema Medizinprodukte

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin