Ethikrat gibt 23 Empfehlungen zum Umgang mit Gentests
Immer mehr Menschen haben Zugang zu genetischer Diagnostik. Die Analysen werden billiger und schneller, und manche Diagnostik-Angebote sind sogar über das Internet zu haben. Zudem können Gen-Analysen bis hin zur Gesamtgenomsequenzierung immer leichter umfangreiche genetische Informationen über einen Menschen erhoben werden. Für Schwanger besonders attraktiv: Genetische Diagnostik ist allein durch eine Untersuchung des mütterlichen Bluts möglich, ohne das ein eingriffsbedingtes Risiko einer Fehlgeburt besteht. Viele aus Gentests gewonnene Informationen sind für die medizinische Versorgung sehr hilfreich, andere sind von unklarer Relevanz. Und wiederum andere erbringen belastende Informationen, ohne jegliche Behandlungsmöglichkeit – oder stellen werdende Eltern vor heikle Entscheidungen. Aber wie damit umgehen? Um Antworten auf diese brisante gesellschaftliche Herausforderung zu finden, hatte die Bundesregierung den Ethikrat um eine Stellungnahme gebeten. Gestern wurde sie auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt.
Ethikrat fordert verbesserte Information, Aufklärung und Beratung
In 23 Empfehlungen zur Gendiagnostik im Allgemeinen fordert der Deutsche Ethikrat an erster Stelle Verbesserungen bei der Information der Bevölkerung sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung der im Gesundheitswesen Tätigen zu verfügbaren Gentests, ihrer Bedeutung und Aussagekraft. Im Sinne einer besseren Bürger-Information empfiehlt der Ethikrat, im Internet eine öffentlich getragene und finanzierte Informationsplattform aufzubauen, die über verfügbare Gentests, ihre Bedeutung und Aussagekraft informiert. Eine solche regelmäßig aktualisierte Plattform biete eine gute Informationsgrundlage für die Entscheidung jedes Einzelnen.
Außerdem empfiehlt der Ethikrat mehrere Änderungen des Gendiagnostikgesetzes, um angesichts fortschreitender Entwicklungen hohe Standards bei der Aufklärung und Beratung zu garantieren. So sollen nach den Vorstellungen des Ethikrats künftig Menschen, die sich aus nicht medizinischen Gründen einem Gentest unterziehen, auch medizinisch beraten werden, „da es selbst bei solchen Tests zu medizinisch relevanten Erkenntnissen kommen kann“, heißt es in der Stellungnahme des Ethikrat und weiter: „Die Gefahr von Fehlinterpretationen und Missverständnissen ist groß, wenn genetische Diagnostik nicht auf qualitativ hohem Niveau und unter Berücksichtigung auch nicht genetischer Faktoren angeboten und durchgeführt wird.
Genetische Pränataldiagnostik nur bei erblichem Risiko
Besonders spannend für werdende Eltern dürften die Empfehlungen zur Pränataldiagnostik sein: Generell betont der Ethikrat die hohe gesellschaftliche Wertschätzung, die Eltern gebühre, die sich für ein Kind mit Beeinträchtigung entscheiden. Hier forderten die Experten mehr Entlastung für betroffene Familien. Ansonsten hält der Ethikrat weiterführende Ultraschalluntersuchungen und eine unabhängige psychosoziale Beratung für unverzichtbar. Eine genetische Pränataldiagnostik sollten nach Ansicht des Ethikrats nur die Eltern durchführen dürfen, bei denen ein erhöhtes Risikos für eine genetisch bedingte Störung vorliegt. Darüber hinaus empfiehlt er die Förderung sozialempirischer und ethischer Begleitforschung zur genetischen Pränataldiagnostik.
Die komplette Stellungnahme ist nachzulesen unter Etikrat.org
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