Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Erste S3-Leitlinie: So wird Hodenkrebs behandelt

Donnerstag, 11. Juli 2019 – Autor:
Junge Männer mit Hodenkrebs werden in Deutschland tendenziell übertherapiert. In der neuen S3-Leitlinie Hodenkrebs stehen die aktuellen Behandlungsgrundsätze nun schwarz auf weiß.
Behandlungsleitlinie Hodenkrebs

Erstmals gibt es eine deutschsprachige Behandlungsleitlinie für Hodenkrebs

Hodenkrebs ist der häufigste Tumor bei Männern zwischen 20 und 44 Jahren. Mit 4.000 Neudiagnosen pro Jahr ist der Krebs in Deutschland jedoch eher selten. Ein Urologe sieht vielleicht einen neuen Patienten pro Monat. Gerade bei sehr jungen Männern sind Ärzte geneigt, etwas großzügiger mit der Chemotherapie umzugehen, als es unbedingt erforderlich wäre und die aktuelle Studienlage hergibt. In der Fachwelt nennt sich das Übertherapie. Mit dem Erscheinen der ersten deutschsprachigen S3-Leitlinie Hodenkrebs soll sich das jetzt ändern. 

Mehr Sicherheit für behandelnde Ärzte

Eine Leitlinie ist ein formalisierter Prozess, an dem alle Fachgesellschaften, die mit Hodenkrebs-Patienten zu tun haben, gemeinsam den besten Stand des Wissens in Behandlungsgrundsätzen formulieren. Nach Auskunft von Prof. Sabine Kliesch, die die erste Leitlinie koordiniert hat, soll der neue Behandlungsleitfaden dem Arzt Sicherheit geben.

„Angenommen, ich habe einen Fall eines Hodentumors, bei dem der Patient glücklicherweise noch keine Metastasen hat. Aber vielleicht einen Gewebetyp, der nicht so häufig ist, so konnte ohne Leitlinie Unsicherheit oder Rückfragen entstehen. Jetzt können die behandelnden Kollegen konkret in der Leitlinie nachlesen, wohin die Reise gehen soll“, sagt die Chefärztin vom Universitätsklinikum Münster. So könnten Ärzte auch bei frühen Stadien, in denen es noch keine Metastasen gibt, auf eine engmaschige Überwachung setzen und müssten nicht sofort eine radikale Sicherheitstherapie machen.

Hodenkrebs hat eine gute Prognose

Hodenkrebs hat eine gute Prognose. Mehr als 80 Prozent der Männer werden geheilt. Doch nur dann, wenn am Anfang der Diagnosestellung keine Fehler passieren. „Die sind dann fast nicht mehr zu korrigieren – insbesondere bei den fortgeschrittenen Stadien“, sagt Kliesch. „Es ist wichtig, dass da nichts verpasst wird.“

Für die übrigen zwanzig Prozent der Fälle, in denen der Hodenkrebs schon weit fortgeschritten ist, gibt die Leitlinie eine klare Empfehlung: In diesen Fällen sollte man sich an eines der großen Zentren wenden, die Erfahrung mit dem Krankheitsbild haben.

Die Leitlinie formuliert auch, welche Patienten besonders von einer Zweitmeinung profitieren. Laut Kliesch sollte das Zweitmeinungsportal für Hodenkrebs auch gerade bei den niedrigen Stadien genutzt werden. „Um dann die richtigen Schritte zu gehen und die Patienten nicht unnötig zu therapieren. Aber natürlich auch nichts zu verpassen“, so Kliesch.

Kinderwunsch auch für Männer ein Thema

Da Hodenkrebs meist in einem Alter eintritt, in dem viele Männer noch einen Kinderwunsch haben, berücksichtigt die Leitlinie auch fruchtbarkeitserhaltende Aspekte. Diese sollten bei jeder Beratung im Vordergrund stehen. „Eine bösartige Erkrankung muss entsprechend behandelt werden. Bei jungen Männern muss man aber gleichzeitig an die Kryokonservierung von Spermien denken, also das Einfrieren von Samenzellen, um einen späteren Kinderwunsch möglich zu machen“, betont Urologin Kliesch. Nach der aktuellen Gesetzesänderung haben künftig auch Hodenkrebs-Patienten einen Anspruch auf diese Maßnahme.

Foto: pixabay

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Hodenkrebs , Qualität

Weitere Nachrichten zum Thema Hodenkrebs

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin