Erste Leitlinie „Divertikulitis“ erschienen
Schätzungsweise 14 Millionen Menschen in Deutschland haben Divertikel, sackartige Ausbuchtungen in der Darmschleimhaut. Meistens verursachen sie keine Beschwerden, doch wenn sie sich entzünden, können Schmerzen im Unterbauch, Blähungen, Verstopfung, Durchfall und Fieber auftreten. Bei einer komplizierten Divertikulitis kann es sogar zu Abszessen, einer Bauchfellentzündung oder einem Darmverschluss kommen. Um über Diagnose und Therapiemöglichkeiten der Divertikulitis aufzuklären, haben die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) nun die aktuellen Forschungsergebnisse zusammengefasst und erstmalig eine Leitlinie „Divertikulitis/Divertikelkrankheit“ herausgegeben.
Weniger Antibiotika und Operationen
Allgemein lässt sich feststellen, dass die Ärzte sowohl bei der Verordnung von Antibiotika als auch bei der chirurgischen Behandlung der Divertikulitis zurückhaltender geworden sind. „Bei der Gabe von Antibiotika etwa empfehlen wir heute deutlich mehr Zurückhaltung“, erklärt Professor Christoph-Thomas Germer, Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Universitätsklinik Würzburg und Mitverantwortlicher für die aktuelle Leitlinie „Divertikulitis“. Bei unkomplizierten Verläufen sollten Antibiotika nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen, so der Experte, da eine leichte und erstmalig aufgetretene Entzündung oftmals von alleine ausheile.
Auch Operationen werden heutzutage nicht mehr so schnell eingesetzt, selbst bei chronischen Verläufen nicht. „Die bisher verbreitete Ansicht, dass nach dem zweiten Entzündungsschub operiert werden sollte, stellen neue Erkenntnisse in Frage. Die Zahl der Schübe allein ist nicht länger wichtigstes Kriterium für einen chirurgischen Eingriff – vielmehr muss der behandelnde Arzt in jedem Einzelfall entscheiden“, so Germer.
Divertikulitis immer häufiger
Divertikel treten bei immer mehr Menschen auf. Eigentlich gelten sie als typische Alterserscheinung, denn mehr als 60 Prozent der über 70-Jährigen weisen (oft harmlose) Divertikel auf. In letzter Zeit sind aber auch zunehmend junge Menschen betroffen. Das bestätigt auch Professor Wolfgang Kruis, Chefarzt der Inneren Medizin am Evangelischen Krankenhaus Kalk in Köln, der ebenfalls bei der Erstellung der Leitlinie mitgewirkt hat.
So registrierte eine US-amerikanische Studie für den Zeitraum von 1998 bis 2005 bei Divertikulitis-Patienten im Alter zwischen 18 und 44 Jahren eine Zunahme von 26 Prozent. Die Gründe werden in den modernen Lebens- und Ernährungsgewohnheiten vermutet. Zu wenig Ballaststoffe, zu viel rotes Fleisch, Tabak- und Alkoholkonsum und zu wenig Bewegung können zur Entstehung von Divertikeln und zu Entzündungen der Darmschleimhaut beitragen.
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