Erprobung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs gestartet
„Ich habe dem Spitzenverband der Pflegekassen grünes Licht für den Start einer Erprobungsphase für die umfassende Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs gegeben“, betonte Gröhe am 8. April bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff soll das bisherige starre System der drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt werden. Damit könnte man dem individuellen Unterstützungsbedarf aller Pflegebedürftiger besser gerecht werden, so Gröhe. Neben körperlichen Einschränkungen werden auch Einschränkungen einbezogen, die etwa bei Demenzkranken häufig vorkommen. „Das ist eine wirkliche Verbesserung für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen.“ Grundlage für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff sind die Ergebnisse des Expertenbeirats zur konkreten Ausgestaltung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs vom 27. Juni 2013.
Modellprojekte: Fehler bei der Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs vermeiden
Das neue Begutachtungsverfahren soll nun in zwei Modellprojekten auf seine Alltagstauglichkeit und Wirkung getestet werden. „Fehler“, so Gröhe, „sollen somit vermieden werden“. Das sieht auch Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, so: "Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs hat jetzt begonnen und muss solide und verantwortungsvoll erprobt werden. Mit den beiden Studien geschieht dies. Ungerechtigkeiten und Fehler können somit vermieden und notwendige Anpassungen bereits vor der flächendeckenden Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs vorgenommen werden“. Dazu werden zunächst Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geschult. Ab dem Sommer 2014 werden sie in allen Bundesländern insgesamt rund 4.000 Begutachtungen durchführen.
Im ersten Modellprojekt wird nach den alten und neuen Regeln begutachtet. Hierbei geht es um die Praktikabilität des neuen Begutachtungsverfahrens. Umsetzungsprobleme sollen hierdurch vermieden werden, erläutert Gröhe. Weiter will man Erkenntnisse über die Verteilung der Pflegebedürftigen in den neuen Pflegegrade erhalten.
Die Ermittlung des Versorgungsaufwands der neuen Pflegegrade in stationären Pflegeeinrichtungen steht im Mittelpunkt des zweiten Modellprojekts. Begutachtet werden ca. 2.000 Pflegebedürftige aus rund 40 Pflegeheimen in verschiedenen Bundesländern. Ziel dieses Projektes ist es, die künftigen Leistungshöhen je Pflegegrad in Abhängigkeit vom Pflegeaufwand zu ermitteln. Darüber hinaus soll in einer weiteren Untersuchung auch der Versorgungsaufwand von rund 500 Pflegebedürftigen in der häuslichen Pflege untersucht werden, ergänzt Pfeiffer.
Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff soll 2017 flächendeckend umgesetzt sein – Kritik von der Opposition
„Mit der Erprobungsphase für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff spielt Minister Gröhe auf Zeit“, kritisiert Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik von Bündnis 90/ Die Grünen. Die Verschleppungstaktik dürfe nicht dazu führen, dass der neue Pflegebegriff endgültig ad acta gelegt werde, so Scharfenberg. Pia Zimmermann, Pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, befürchtet, dass „mit der Erprobungsphase nur Handlungsbereitschaft vorgetäuscht wird“.
Die Ergebnisse der Modellprojekte sollen Anfang 2015 vorliegen. Auf deren Grundlage werden dann die gesetzgeberischen Arbeiten zur Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs beginnen, geht Gröhe auf den weiteren Zeitablauf ein. „Die praktische Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs beginnt im Jahr 2016. Da erheblicher Implementierungsbedarf besteht, wird der neue Begriff flächendeckend 2017 eingeführt sein“, verspricht Gröhe abschließend.