In einem Interview mit der Süddeutschenzeitung hat der Gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion Jens Spahn den Pflege-TÜV am Dienstag als gescheitert erklärt. Das Benotungssystem habe außer Ärger und bürokratischem Aufwand nichts gebracht. „Wenn etwas nach so vielen Jahren nicht funktioniert, dann sollten wir es einfach einmal streichen", sagte Spahn der Zeitung. Rückendeckung bekommt Spahn vom Pflegebeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU) und vom Sozialverband Deutschland (VDK). „Das Pflegebenotungssystem beim Pflege-TÜV muss abgeschafft werden. Es bringt verzerrte Ergebnisse hervor“, sagte VDK-Präsidentin Ulrike Mascher.
Gesamtnote des Pflege-TÜV verzerrt das Bild
Der Pflege-TÜV wurde eingeführt, um die Qualität einer Pflegeeinrichtung beurteilen zu können. Dabei werden vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) rund 60 Kriterien benotet und dann eine Gesamtnote gebildet. Der Haken daran: Eine Fünf wegen unbehandelter Druckgeschwüre lässt sich durch eine Eins für die Mitwirkung der Bewohner an der Gestaltung der Gemeinschaftsräume ausgleichen. Aus Sicht von Ulrike Mascher sollte eine unzureichende Flüssigkeitsversorgung immer die Gesamtnote Fünf nach sich ziehen. „Sonst setzt sich die Entwicklung fort, dass fast 70 Prozent der deutschen Pflegeheime die Noten Gut oder sehr gut erhalten", so Mascher. Das aber entspreche nicht den tatsächlichen Zuständen in Pflegeheimen.
Auch Spahn hält es für unrealistisch, dass fast jedes Pflegeheim die Note eins erhalte. Erst kürzlich habe in Bonn eine Einrichtung wegen eklatanter Mängel schließen müssen, die laut Pflege-TÜV die Note eins gehabt habe, zitiert ihn die Süddeutsche Zeitung. An den Kontrollen durch den MDK will der CDU-Politiker aber festhalten. Er schlug vor, die Prüfungsberichte künftig in verständlicher Form zu veröffentlichen.
Prüfberichte des MDK besser nutzen
Kritik an Spahns Vorstoß, den Pflege-TÜV abzuschaffen, äußerte der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS). Das Aussetzen der Pflegenoten sei der falsche Weg, weil damit die Transparenz für lange Zeit auf Eis gelegt würde, sagte MDS-Geschäftsführer Dr. Peter Pick. Das Aussetzen der Pflegenoten würde gerade diejenigen belohnen, die mehr Transparenz bislang blockierten. „Nach unserer Auffassung sollten die Bewertungskriterien gestrafft und systematisch weiterentwickelt werden. Es muss künftig besser abgebildet werden, wie die Versorgungsqualität in den Heimen ganz konkret ist“, so Pick. Aus den Transparenzberichten müsse deutlich werden, wie gut eine Einrichtung bei der Medikamentenversorgung, der Dekubitusprophylaxe und der Schmerzerfassung sei.
Im Kern liegen die Positionen gar nicht so weit auseinander. Auch Spahn und seine Mitstreiter fordern, die detaillierten Prüfberichte des MDK künftig besser zu nutzen.
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