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Eisenmangel bei Herzschwäche zu selten behandelt

Sonntag, 6. September 2015 – Autor:
Die Bedeutung von Eisenmangel bei Herzschwäche ist zwar eigentlich bekannt, dennoch wird ihr zu wenig Rechnung getragen. So erhält nur jeder zehnte Betroffene eine Substitutionstherapie mit Eisen, wie jüngste Auswertungen des RAID-HF-Registers zeigen.
Anämie bei Herzschwäche behandeln

Eisenmangel bei Herzschwäche ist gefährlich – Foto: diego1012 - Fotolia

Ein großer Teil der Patienten mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz, HI) entwickelt im Laufe der Zeit einen Eisenmangel oder sogar eine Blutarmut (Anämie). Lange wurde dies unterschätzt, doch heute weiß man, dass sich ein zu geringer Eisengehalt im Blut bei von Herzschwäche betroffenen Patienten auf den Krankheitsverlauf und das Mortalitätsrisiko auswirken kann. So hat schon im Jahr 2009 ein Forscherteam der Charité in Berlin herausgefunden, dass die Gabe einer Eiseninjektion Herzschwäche-Patienten mit Eisenmangel helfen kann, selbst wenn bei diesen keine Blutarmut vorliegt. Die Substitution mit Eisenpräparaten ging auch mit einer verbesserten Leistungsfähigkeit einher.

Herzschwäche-Patienten: Nur jeder zehnte erhält Eisentherapie

Obwohl dies bekannt ist, erhalten immer noch zu wenig Patienten mit Herzschwäche und Eisenmangel eine Eisentherapie. Das geht aus Daten der RAID-HF-Studie (Registry analysis of iron deficiency in heart failure) hervor, die beim Kongress der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft (ESC) in London vorgestellt wurden. Für die Studie wurden 671 Patienten mit Herzinsuffizienz an 16 deutschen Zentren untersucht. Es zeigte sich, dass nur jeder zehnte HI-Patient mit Eisenmangel eine Eisen-Substitutionstherapie erhielt. Zudem erhielten die meisten mit Eisen behandelten Patienten Eisenpräparate zum Einnehmen, nur gut zwei Prozent erhielten die wirksamere intravenöse Eisentherapie.

Die Studienergebnisse unterstreichen auch den Stellenwert der Anämie bei Herzschwäche-Patienten. Bei 56 Prozent der Betroffenen wurde ein Eisenmangel nachgewiesen, von ihnen hatten 38,5 Prozent auch eine Anämie. Bei den Patienten ohne Eisenmangel wiesen nur 25 Prozent eine Blutarmut auf. „Das Bestehen einer Anämie war ein signifikanter Prognosefaktor für die Ein-Jahres-Sterblichkeit“, wie Studienautor Dr. Harm Wienbergen aus Bremen betont. Bei den Probanden mit Eisenmangel, aber ohne Anämie war die Sterblichkeit hingegen nicht signifikant erhöht.

Blutarmut erhöht Sterblichkeitsrisiko

Bei einer weiteren Analyse, die 331 Patienten mit stabiler chronischer Herzschwäche einschloss und die Auswirkungen von Anämie und Eisenmangel auf die körperliche Leistungsfähigkeit und Sterblichkeit untersuchte, zeigte sich zudem, dass die körperliche Leistungsfähigkeit mit dem Eisenmangel deutlich abnimmt und sich bei zusätzlicher Anämie noch weiter verschlechtert. Insgesamt verstarben in dieser Studie 91 Teilnehmer während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 18 Monaten. 40 der Verstorbenen waren anämisch und 47 hatten einen Eisenmangel. Auch hier zeigte sich also, „dass die Anämie ein unabhängiger Prognosefaktor für das Versterben ist“, wie Studienautorin Dr. Nicole Ebner aus Berlin betonte. Die Gegenwart kleinzelliger („mikro-zytärer“) Anämie zeigte sogar ein vierfach höheres Sterblichkeits-Risiko.

Herzschwäche ist eine der häufigsten Ursachen für Krankenhausaufenthalte und ist bei Männern die vierthäufigste, bei Frauen sogar die zweithäufigste Todesursache. In Deutschland leiden etwa 1,4 Millionen Menschen unter einer Herzinsuffizienz; jedes Jahr kommen etwa 160.000 Neuerkrankungen hinzu. Heilbar ist eine chronische Herzschwäche nicht, doch die richtige Behandlung kann dem Patienten für lange Zeit eine gute Lebensqualität sowie weitgehende Beschwerdefreiheit ermöglichen.

Foto: © diego1012 - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin

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