Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
 

Einsatz von Fluorchinolonen als Antibiotika weiter eingeschränkt

Donnerstag, 11. April 2019 – Autor:
Antibiotika, die Fluorchinolone enthalten, können schwere und irreversible Nebenwirkungen haben. Nach einem EU-weiten Risikobewertungsverfahren wurde der Einsatz dieser Medikamente weiter eingeschränkt.
arzt, patient, arztgespräch, sprechstunde, arzttermin

Antibiotika, die Fluorchinolone enthalten, dürfen bei bestimmten Infektionen nicht mehr verordnet werden – Foto: ©joyfotoliakid - stock.adobe.com

Antibiotika, die Fluorchinolone enthalten, können schwere und irreversible Nebenwirkungen haben. Nach einem EU-weiten Risikobewertungsverfahren wurde der Einsatz dieser Medikamente nun weiter eingeschränkt. Darüber informiert das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte in einem Rote-Hand-Brief.

Betroffen sind alle Fluorchinolone, die über den Mund eingenommen, injiziert oder inhaliert werden. In Deutschland bestehen Zulassungen für die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin, heißt es in einer Mitteilung des BfArM.

Sehnen, Muskeln, Gelenke und Nervensystem betroffen

Die schwerwiegende Nebenwirkungen von Fluorchinolonen sind schon länger bekannt und hatten bereits in der Vergangenheit zu Anwendungsbeschränkungen geführt. Diese wurden nun weiter verschärft. Die Nebenwirkungen können lang anhalten, die Lebensqualität beeinträchtigen und sind möglicherweise unumkehrbar. Sie betreffen hauptsächlich Sehnen, Muskeln, Gelenke und das Nervensystem.

Die Behandlung mit Fluorchinolonen sollte beim ersten Anzeichen einer dieser schwerwiegenden Nebenwirkungen beendet werden. Dazu zählen Entzündungen oder Risse der Sehnen, vor allem der Achillessehne, Muskelschmerzen oder Muskelschwäche, Gelenkschmerzen oder Gelenkschwellungen, Schwierigkeiten beim Gehen, Gefühle von Nadelstichen oder Kribbeln, brennende Schmerzen.

 

Auch Probleme beim Sehen und Hören möglich

Sehnenschwellungen und Sehnenverletzungen können innerhalb von 48 Sunden nach dem Beginn der Behandlung mit einem fluorchinolonhaltigen Antibiotikum auftreten, möglicherweise aber auch erst einige Monate nach dem Behandlungsende.

Des weiteren können Müdigkeit, Depressionen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Probleme beim Sehen oder Hören, sowie Veränderungen des Geschmacks- oder Geruchssinns auftreten. Patienten sollten umgehend den behandelnden Arzt informieren.

Einsatz von Fluorchinolonen als Antibiotika weiter eingeschränkt

Das Risiko einer Sehnenruptur ist erhöht bei älteren Patienten, Patienten mit Nierenfunktionsstörung, Patienten nach einer Organ-Transplantation und bei Patienten, die gleichzeitig mit Kortikosteroiden behandelt werden. Die gleichzeitige Anwendung von Kortikosteroiden sollte daher vermieden werden.

Der Einsatz von Fluorchinolonen als Antibiotika ist ab Mai 2019 untersagt bei folgenden Indikationen: Pharyngitis, Tonsillitis, akute Bronchitis, Prophylaxe von Reisediarrhö, Sepsis, Prophylaxe von rezidivierenden Harnwegsinfektionen, vaginalen Infektionen und Meningitis.

Nur wenn andere Antibiotika ungeeignet sind

Bei bestimmten Infektionen, sollen Fluorchinolone nur noch angewendet werden, wenn andere Antibiotika, die für die Behandlung dieser Infektionen üblicherweise empfohlen werden, ungeeignet sind.

Dazu zählen etwa akute, unkomplizierte Zystitis bei Frauen, akute Exazerbation einer chronischen Bronchitis oder einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), akute bakterielle Rhinosinusitis, akute Sinusitis, akute bakterielle Sinusitis und akute Otitis media.

Sorgfältige Nutzen-Risiko-Bewertung

Fluorchinolone sind eine wichtige Behandlungsoption gegen verschiedene Infektionserkrankungen, darunter einige lebensbedrohliche, bei denen andere Antibiotika nicht ausreichend wirksam sind, betont das BfArM. Die ärztliche Entscheidung, Fluorchinolone zu verschreiben, sollte für die verbleibenden Anwendungsgebiete nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Bewertung im Einzelfall getroffen werden. 

Die Hersteller müssen die Packungsbeilagen der betroffenen fluorchinolonhaltigen Antibiotika nun entsprechend der neuen Bestimmungen aktualisieren.

Foto: joyfotoliakid/fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Antibiotika
 

Weitere Nachrichten zum Thema Antibiotika

 

Aktuelle Nachrichten

 
Weitere Nachrichten
Die elektronische Patientenakte (ePA) soll bis Ende 2024 kommen - für alle. Die Daten werden pseudonymisiert ausgewertet. Das ist Teil eines von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Gesetzes. Die Ärzteschaft fordert Konkretisierungen im Detail.

Die Zahl der Krankenhaus-Fälle ist 2022 im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent gesunken - noch stärker als 2020 (minus 13 Prozent) und 2021 (minus 14 Prozent). Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Der Berliner Corona-Lagebericht informiert weiterhin über die aktuelle Infektionslage in der Stadt und ihren Bezirken. Doch weil sich die Lage geändert hat, hat der Berliner Senat den Bericht nun überarbeitet und den aktuellen Entwicklungen angepasst.
 
Kliniken
Interviews
Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.

Aducanumab ist das erste in den USA zugelassene Medikament, das die Alzheimer typischen Amyloid-Plaques zum Verschwinden bringt. Aber kann der neue monoklonale Antikörper mit dem Handelsnamen Aduhelm auch den Gedächtnisverlust stoppen? Und warum ist die Notfallzulassung in den USA durch die US-Food and Drug Administration (FDA) so umstritten? Darüber hat Gesundheitsstadt Berlin mit dem Neurologen und Alzheimer-Experten Prof. Johannes Levin vom LMU Klinikum München gesprochen.
Logo Gesundheitsstadt Berlin