Eine Woche krank ohne Attest
Der Vorstoß aus Magdeburg sorgt seit einigen Tagen für Diskussionen. Während ihn manche, darunter sogar Ärzte, begrüßten, winkten Arbeitgeber und auch die Bundesregierung gleich ab. Arbeitnehmer, so viel ist klar, hätten gegen den Vorschlag aber bestimmt nichts einzuwenden. Er lautet: Beschäftigte sollten sich für die Dauer von bis zu einer Woche selbst krankmelden können.
Viele Arztbesuche erfolgen nach einer Studie nur, um die ärztliche Bescheinigung zur Krankschreibung zu erhalten, begründete Wolfram Herrmann, Leiter des Magdeburger Medizinerteams, nach einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa die Forderung. Falle ein Teil dieser Besuche weg, würden die Hausärzte entlastet und könnten sich besser um die Behandlung von Patienten mit langwierigen Erkrankungen kümmern.
Deutsche gehen pro Jahr 17 Mal zum Arzt
Hermann schlug daher vor, erst nach fünf Tagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Pflicht zu machen. Das könnte in Pilotprojekten ausprobiert werden. „Dass durch eine eigenständige Krankmeldung der Beschäftigten die Zahl der Fehltage nicht nach oben schnellt, zeigen Erfahrungen aus Norwegen", sagte der Arzt. Dort dürften Patienten teilweise acht Tage zu Hause bleiben, ohne sich krankschreiben lassen zu müssen. Im Schnitt gingen Norweger fünfmal im Jahr zum Arzt, in Deutschland seien es dagegen 17 bis 18 Mal.
Die Bundesregierung erklärte unterdessen, die Regeln für Krankschreibungen nicht ändern zu wollen. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums sagte, man halte die derzeitige Vorschriften „für angezeigt, sinnvoll und nützlich".
Krank ohne Attest? - Vergleich mit Norwegen hinkt
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach verwies Berichten zufolge auf die Gefahr, dass Erkrankungen nicht frühzeitig behandelt würden. Gerade in einem frühen Stadium einer Erkrankung sei ein Arztbesuch sinnvoll.
Den Vergleich, den die Magdeburger Wissenschaftler mit Norwegen ziehen, halten Kritiker für irreführend. Norwegen sei flächenmäßig etwas größer als Deutschland, habe dagegen aber nur fünf Millionen Einwohner. Die Versorgungsdichte sei dort demnach wesentlich geringer als in Deutschland. Deshalb sei es auch nicht verwunderlich, dass die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte in Norwegen wesentlich geringer ist.
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