
Am 12. Oktober 2019 ist Weltrheumatag – Foto: ©Pixel-Shot - stock.adobe.com
Rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die Systemerkrankungen werden durch eine fehlgeleitete körpereigene Abwehr verursacht und können alle Gewebe und Organe des Körpers befallen. Die häufigste und bekannteste rheumatische Erkrankung ist die rheumatoide Arthritis (RA). Rund 640.000 Menschen sind hierzulande davon betroffen.
Bei Rheuma kommt der Früherkennung eine besondere Bedeutung zu. Denn je früher die Erkrankung festgestellt und eine Therapie begonnen wird, desto größer sind die Chancen, die Erkrankung einzudämmen. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) anlässlich des Welt-Rheuma-Tags am 12. Oktober 2019 hin.
Bis zur Diagnose vergeht zu viel Zeit
Eine aktuelle Studie konnte zeigen, dass neue Sprechstundenmodelle dazu beitragen, die Folgen von Rheuma einzudämmen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Doch noch immer vergehen zwischen den ersten Anzeichen einer rheumatoiden Arthritis bis zur korrekten Diagnose und zum Therapiebeginn im Durchschnitt neun Monate, bei anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sogar noch weitaus mehr – eindeutig zu lange, wie Experten monieren.
„Das Zeitfenster, in dem wir die Krankheit effektiv zurückdrängen könnten, schließt sich nach wenigen Wochen. Je später eine Behandlung einsetzt, desto schwerwiegender sind die Folgen für den Patienten und das Gesundheitssystem im Allgemeinen“, erklärt Professor Hanns-Martin Lorenz, Vizepräsident der DGRh aus Heidelberg. Screening- oder Frühsprechstunden könnten daher dazu beitragen, der Erkrankung wirksam entgegenzuwirken. Wie erste Daten einer aktuellen Studie zeigen, kann die Erkrankung dadurch deutlich effektiver behandelt werden.
Frühzeitige Therapie kann vollständige Remission bewirken
Einige an der „SCREENED“-Studie beteiligten rheumatologischen Zentren konnten nachweisen, dass die Krankheit durch eine frühe Therapieeinleitung nach einer Screening- oder Frühsprechstunde wesentlich häufiger gänzlich zurückweicht. „Diese sogenannte Remission tritt umso häufiger ein, je kürzer Patienten erkrankt sind, was uns geradezu verpflichtet, die Therapie so früh wie möglich einzuleiten“, erklärt die Heidelberger Rheumatologin Dr. Karolina Benesova, Erstautorin der Studie.
Wie die Forscher zeigen konnten, erreichten von 206 Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung 120 eine komplette Remission, das sind 58,3 Prozent. Bei Patienten mit neu diagnostizierter rheumatoider Arthritis waren es sogar 70,8 Prozent - Zahlen, die bei länger bestehender Erkrankung bei weitem nicht zu erreichen sind.
Förderung von Früherkennung wichtig
Die Modelle der Screening- oder Frühsprechstunden sind dabei vielfältig. „Unabhängig vom Konzept sind sie vor allem dann erfolgreich, wenn sie sich regionalen Strukturbesonderheiten anpassen“, erläutert Benesova. Das sei in den heterogenen deutschen Versorgungsstrukturen unerlässlich. Um zukünftig messen zu können, welche Modelle sich am besten für welche Versorgungssituation eignen, entwickelt die DGRh derzeit Qualitätsindikatoren.
Ein weiteres Plus der Frühsprechstunden: Unabhängig vom Ansatz erhöhen sie das Fassungsvermögen rheumatologischer Zentren für die frühe Versorgung. „Je gezielter wir die bestehenden Strukturen analysieren, umso mehr Entzündungspatienten können wir sehen, versorgen und helfen“, sagt Karolina Benesova. Die Experten fordern nun von der Politik, die Früherkennung bei Rheuma verstärkt zu fördern.
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