Duchenne-Muskeldystrophie: Neurologen hoffen auf CDC-Therapie

Muskelkraft in den Armen retten: Eine Behandlung mit kardiosphärischen Zellen kann das Fortschreiten der Duchenne-Muskeldystrophie etwa abbremsen, wie die HOPE-2-Studie zeigt – Foto: © Adobe Stock/ cirquedesprit
In Deutschland kommen jedes Jahr rund 100 Jungen mit einer Duchenne-Muskeldystrophie auf die Welt. Die Diagnose der seltenen Erbkrankheit wird meist im Kleinkindalter gestellt, wenn die Kinder Auffälligkeiten beim Laufen und Rennen zeigen. Die Muskelschwäche betrifft zunächst die Beine und Hüften, später auch Schulter und Arme. Nach ungefähr zehn Jahren sind die meisten auf den Rollstuhl angewiesen. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits Atemmuskulatur und Herzmuskel stark geschwächt, weil sich das Gewebe verhärtet (Fibrosierung). Früher verstarben die Betroffenen schon im Teenageralter. Heute können Medikamente und Physiotherapie den Verlauf verlangsamen, so dass die meisten Betroffenen ein Alter von 30 bis 40 Jahren erreichen.
Nur Jungen betroffen
Betroffen sind praktisch nur Jungen, da sich das betroffene Dystrophin-Gen, das für eine normale Muskelfunktion erforderlich ist, auf dem X-Chromosom befindet. Mittlerweile gibt es auch eine Gentherapie, die aber nur bei einer bestimmten Mutation wirksam ist.
Einen anderen neuen Therapieansatz ohne diese Einschränkung stellen kardiale Stammzellen dar. Forscher nutzen die multipotenten Vorläuferzellen, um daraus Herzmuskelzellen zu differenzieren. Präklinische und klinische Studien zeigen, dass die CDCs „cardiosphere-derived cells“ deutsch kardiosphärische Zellen - die Regeneration von Muskelzellen anregen können. CDCs werden aus dem Blut gesunder Menschen gewonnen und als pharmakologische Zubereitung (CAP-1002) seit wenigen Jahren zur Therapie von Herzinfarkten untersucht.
HOPE-Studie untersucht CDC-Therapie an Duchenne-Patienten
Dass der Zellcocktail auch bei Duchenne-Patienten eine Wirksamkeit verspricht, zeigt das Studienprogramm HOPE aus den USA. In einer klinischen Phase-1-Studie verbesserten sich die Herz- und Skelettmuskelfunktion schon nach einmaliger Infusion. Die Folgestudie HOPE-2 überprüfte die längerfristige Sicherheit und Effektivität wiederholter intravenöser Infusionen mit CAP-1002 im Vergleich zu Placebo. Die Patienten waren zehn Jahre alt oder älter, waren nur teilweise gehfähig (>10 Sekunden für 10 Meter) und wiesen eine moderate Muskelschwäche der oberen Extremitäten auf. Acht Studienteilnehmer hatten letztlich die CDC-Infusionen bekommen, zwölf das Scheinmedikament. Die Ergebnisse der ein Jahr dauernden Untersuchung wurden jetzt im „Lancet“ veröffentlicht.
Weniger Abbau als unter Placebo
Danach konnte die CDC-Therapie die Verschlechterung der Schulter-Arm-Funktion um 71 Prozent verlangsamen, die Herzfunktion der jungen Patienten stabilisierte sich bzw. verbesserte sich sogar, wohingegen es unter Placebo zu einem signifikanten Rückgang der Herzfunktion kam. Schwere unerwünschte Ereignisse traten nicht auf, nur bei einem bei einem Patienten konnte die Therapie wegen einer ausgeprägten allergischen Reaktion nicht fortgesetzt werden.
„Diese Ergebnisse machen Hoffnung, dass wir künftig den Patienten bzw. ihren Eltern eine wirksamere Therapie anbieten können als das bisher der Fall ist“, kommentiert Prof. Heinz Reichmann von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Der Erhalt der Schulter-Arm-Funktion sei für die Selbstständigkeit ganz wesentlich, meint der Experte, „denn sie ermöglicht die Fortbewegung im Rollstuhl, eigenständige Nahrungsaufnahme und andere Tätigkeiten.“
Inwieweit CDC auch andere Muskelfunktionen verbessern oder das Leben bei Duchenne-Muskeldystrophie verlängern kann, müssen nun weitere Studien zeigen. HOPE gibt jedenfalls Anlass zur Hoffnung.