DKI entwickelt Standard für vegetarische, therapieunterstützende Krankenhauskost

Gesundes Essen wird in Krankenhäusern immer wichtiger - etwa zur Heilung von Volkskrankheiten. Bisher ist es oft immer noch gutbügerlich, nährstoffarm und zu salzig. – Foto: ©amazing studio - stock.adobe.com
Zwei dünne Scheiben Leberkäs-Aufschnitt, zwei dünne Scheiben Schnittkäse, zwei Scheibchen Knäckebrot, eingeschweißt: Das steht auf einem Tablett am Bett einer 87-Jährigen, die in einem Krankenhaus in Baden-Württemberg von einer Lungenembolie genesen will und soll. Das Arrangement nennt sich Abendessen. An Bananen, Trauben, Birnen denkt die Patientin. Die vitaminreichen Früchte bekommt sie schließlich auch – aber von den Angehörigen, die sie besuchen.
Erst vor wenigen Wochen ließ das ARD-Mittagsmagazin Stichproben aus einem Berliner Krankenhaus im Labor untersuchen. Ergebnis: Patienten bekommen nicht das zu essen, was ihr Körper bräuchte. Vitamine und andere Nährstoffe waren nicht ausreichend vorhanden, der Salzgehalt viel zu hoch. Obwohl die Ernährung längst als therapieunterstützend anerkannt ist, existieren bundesweit bisher für die Qualität von Krankenhausessen keine einheitlichen Standards.
DKI kritisiert Krankenhausverpflegung: „Oft fehlen Wissen und Mut“
„Das Interesse an einer nachhaltigen und gesunden Ernährung wächst stetig in der Bevölkerung“, sagt Karl Blum, Vorstand des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) in Düsseldorf. „Doch häufig fehlen das Wissen und der Mut, neue Wege in der Gemeinschaftsverpflegung zu beschreiten.“ Auf dieses flächendeckend beobachtbare Defizit hat das DKI jetzt reagiert und einen Wegweiser zu gesunder, pflanzlicher Ernährung in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen herausgebracht. Entwickelt wurde der Ratgeber gemeinsam mit der gesetzlichen Krankenkasse BKK ProVita und dem Beratungsunternehmen a’verdis. Das darin gesammelte Wissen aus Theorie und Praxis stammt von 30 Experten der Gesundheitsbranche wie Krankenhausköchen, Ernährungswissenschaftlern, Klinikleitern und Catering-Firmen. Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen erhalten damit eine praktische Anleitung, um gesunde, nachhaltige und pflanzliche Ernährung anbieten zu können: für die Patienten vor allem – aber nicht zuletzt auch für das eigene Personal.
Eigenschaften nachhaltiger Patientenverköstigung
Speisen und Getränke sollen nicht mehr „nur“ satt machen, sondern zuallererst gut schmecken und
- die Gesundheit und Gesunderhaltung fördern
- die unterschiedlichen Lebensmittelunverträglichkeiten einbeziehen
- das Klima möglichst wenig belasten
- das Tierwohl im Auge haben
- die kulturellen Ernährungsgewohnheiten berücksichtigen
- die weltweite Ernährungssituation im Blick haben.
(Quelle: DKI-Ratgeber für Gesundheitseinrichtungen: „Pflanzlich. Nachhaltig. Gesund.")
Hintergrundwissen und praktische Tipps für Großküchen
Der Wegweiser bietet Hintergrundwissen und Argumente für pflanzenbasierte Ernährung, klärt über deren gesundheitliche und ökologische Vorteile auf und enthält eine umfassende Anleitung zur Umstellung. Er stellt wichtige Nährstoffe und Lebensmittel vor, informiert über Lebensmitteleinkauf, Speiseplangestaltung, zeigt „Good-Practice-Beispiele“ und bietet gut geeignete Rezepte. Ausführliche Checklisten für verschiedene Umstellungs-Schritte enthält der Wegweiser ebenso wie Unterstützung bei der Marketing-Kommunikation.
Michalsen: „Bedeutung der Ernährung bei Volkskrankheiten enorm“
„Ernährung kann einen wesentlichen Beitrag in der medizinischen Versorgung der Zukunft leisten“, sagt Andreas Michalsen, Professor für klinische Naturheilkunde an der Charité Berlin. „Die Bedeutung der Ernährung für die Prävention und Therapie der modernen Volkskrankheiten ist enorm. Krankenhäusern kommt dabei eine Vorbildfunktion zu.“ Krankenhäuser, die pflanzenbasierte Kost anböten, könnten sich als verantwortungsvolle, zukunftsweisende und ganzheitliche Institutionen sichtbar machen, sagt Michalsen, der bei der Entwicklung des aktuellen Ratgebers mitgewirkt hat.
Krankenhausessen: Auch ein Faktor fürs Patientenmarketing
Neben dem medizinischen Angebot spielt für eine wachsende Zahl von Patienten auch ein gesundes Essen eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Krankenhaus. Als Good-Practice-Beispiele nennt der DKI-Ratgeber das anthroposophische „Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe“ und das evangelische Immanuel-Krankenhaus (beide in Berlin) oder die landeseigene Rhein-Mosel-Fachklinik im rheinland-pfälzischen Andernach. Sie bieten ihren Patienten inzwischen täglich pflanzenbasierte Menüs.
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