Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

DKI entwickelt Standard für vegetarische, therapieunterstützende Krankenhauskost

Donnerstag, 20. Februar 2020 – Autor:
Die Nährstoffdichte von pflanzlicher Kost unterstützt erwiesenermaßen die medizinische Behandlung und die Genesung. Das heißt nicht, dass die in deutschen Krankenhäusern eine Selbstverständlichkeit wäre. Vielerorts fehlten „Wissen und Mut“ für eine fortschrittliche Patientenverpflegung, kritisiert das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) und hat auf dieses Defizit jetzt reagiert: mit einem praxisnahen Ratgeber.
Krankenschwester reicht Patientin Glasschüssel mit frischem, buntem Salat.

Gesundes Essen wird in Krankenhäusern immer wichtiger - etwa zur Heilung von Volkskrankheiten. Bisher ist es oft immer noch gutbügerlich, nährstoffarm und zu salzig. – Foto: ©amazing studio - stock.adobe.com

Zwei dünne Scheiben Leberkäs-Aufschnitt, zwei dünne Scheiben Schnittkäse, zwei Scheibchen Knäckebrot, eingeschweißt: Das steht auf einem Tablett am Bett einer 87-Jährigen, die in einem Krankenhaus in Baden-Württemberg von einer Lungenembolie genesen will und soll. Das Arrangement nennt sich Abendessen. An Bananen, Trauben, Birnen denkt die Patientin. Die vitaminreichen Früchte bekommt sie schließlich auch – aber von den Angehörigen, die sie besuchen.

Erst vor wenigen Wochen ließ das ARD-Mittagsmagazin Stichproben aus einem Berliner Krankenhaus im Labor untersuchen. Ergebnis: Patienten bekommen nicht das zu essen, was ihr Körper bräuchte. Vitamine und andere Nährstoffe waren nicht ausreichend vorhanden, der Salzgehalt viel zu hoch. Obwohl die Ernährung längst als therapieunterstützend anerkannt ist, existieren bundesweit bisher für die Qualität von Krankenhausessen keine einheitlichen Standards.

DKI kritisiert Krankenhausverpflegung: „Oft fehlen Wissen und Mut“

„Das Interesse an einer nachhaltigen und gesunden Ernährung wächst stetig in der Bevölkerung“, sagt Karl Blum, Vorstand des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) in Düsseldorf. „Doch häufig fehlen das Wissen und der Mut, neue Wege in der Gemeinschaftsverpflegung zu beschreiten.“ Auf dieses flächendeckend beobachtbare Defizit hat das DKI jetzt reagiert und einen Wegweiser zu gesunder, pflanzlicher Ernährung in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen herausgebracht. Entwickelt wurde der Ratgeber gemeinsam mit der gesetzlichen Krankenkasse BKK ProVita und dem Beratungsunternehmen a’verdis. Das darin gesammelte Wissen aus Theorie und Praxis stammt von 30 Experten der Gesundheitsbranche wie Krankenhausköchen, Ernährungswissenschaftlern, Klinikleitern und Catering-Firmen. Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen erhalten damit eine praktische Anleitung, um gesunde, nachhaltige und pflanzliche Ernährung anbieten zu können: für die Patienten vor allem – aber nicht zuletzt auch für das eigene Personal.

Eigenschaften nachhaltiger Patientenverköstigung

Speisen und Getränke sollen nicht mehr „nur“ satt machen, sondern zuallererst gut schmecken und

  • die Gesundheit und Gesunderhaltung fördern
  • die unterschiedlichen Lebensmittelunverträglichkeiten einbeziehen
  • das Klima möglichst wenig belasten
  • das Tierwohl im Auge haben
  • die kulturellen Ernährungsgewohnheiten berücksichtigen
  • die weltweite Ernährungssituation im Blick haben.

(Quelle: DKI-Ratgeber für Gesundheitseinrichtungen: „Pflanzlich. Nachhaltig. Gesund.")

Hintergrundwissen und praktische Tipps für Großküchen

Der Wegweiser bietet Hintergrundwissen und Argumente für pflanzenbasierte Ernährung, klärt über deren gesundheitliche und ökologische Vorteile auf und enthält eine umfassende Anleitung zur Umstellung. Er stellt wichtige Nährstoffe und Lebensmittel vor, informiert über Lebensmitteleinkauf, Speiseplangestaltung, zeigt „Good-Practice-Beispiele“ und bietet gut geeignete Rezepte. Ausführliche Checklisten für verschiedene Umstellungs-Schritte enthält der Wegweiser ebenso wie Unterstützung bei der Marketing-Kommunikation.

Michalsen: „Bedeutung der Ernährung bei Volkskrankheiten enorm“

„Ernährung kann einen wesentlichen Beitrag in der medizinischen Versorgung der Zukunft leisten“, sagt Andreas Michalsen, Professor für klinische Naturheilkunde an der Charité Berlin. „Die Bedeutung der Ernährung für die Prävention und Therapie der modernen Volkskrankheiten ist enorm. Krankenhäusern kommt dabei eine Vorbildfunktion zu.“ Krankenhäuser, die pflanzenbasierte Kost anböten, könnten sich als verantwortungsvolle, zukunftsweisende und ganzheitliche Institutionen sichtbar machen, sagt Michalsen, der bei der Entwicklung des aktuellen Ratgebers mitgewirkt hat.

Krankenhausessen: Auch ein Faktor fürs Patientenmarketing

Neben dem medizinischen Angebot spielt für eine wachsende Zahl von Patienten auch ein gesundes Essen eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Krankenhaus. Als Good-Practice-Beispiele nennt der DKI-Ratgeber das anthroposophische „Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe“ und das evangelische Immanuel-Krankenhaus (beide in Berlin) oder die landeseigene Rhein-Mosel-Fachklinik im rheinland-pfälzischen Andernach. Sie bieten ihren Patienten inzwischen täglich pflanzenbasierte Menüs.

Foto: AdobeStock/amazing studio

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Ernährung , Komplementärmedizin , Patientenzufriedenheit

Weitere Nachrichten zum Thema Patientenverpflegung

Von den 100 besten deutschen Krankenhäusern liegt gut jedes zehnte in Berlin. Ganz vorne liegt die Charité, Europas größtes Universitätsklinikum. Die 20 besten Plätze haben die Uniklinika unter sich ausgemacht, mit einer Ausnahme: einem kleinen Krankenhaus in Hamburg, das von einem privaten Träger aus Bayern geführt wird.

28.07.2020

Das Essen in deutschen Krankenhäusern hat keinen besonders guten Ruf. Dabei lässt sich mit wenig Mehraufwand viel erreichen. Der Internist und Ernährungsmediziner Prof. Dr. Christian Löser erklärt die medizinischen und ökomischen Effekte einer gesunden Ernährung im Krankenhaus.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin