Bei Herzschwäche oder Vorhofflimmern bekommen Patienten oft Digitalis-Präparate verordnet. Dabei handelt es sich um einen aus dem Fingerhut gewonnenen Wirkstoff, der die Schlagkraft des Herzens steigert und bei Vorhofflimmern die erhöhte Herzfrequenz senkt. Einige Studien hatten aber gezeigt, dass Herzglykoside wie Digoxin oder Digitoxin zu einer höheren Sterblichkeit führen und die Rate an Krankenhausaufnahmen steigern. Andere hatten wiederum genau das Gegenteil gezeigt. Seither besteht Verunsicherung.
Studien waren nicht für Digitalis entworfen
Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben sich die Negativ-Studien nun näher angeschaut und erhebliche Mängel am Design und den Auswertemethoden festgestellt. Es seien darin Patienten eingeschlossen worden, die aufgrund ihres Alters und Vorerkrankungen von vornherein eine schlechtere Prognose gehabt hätten, kritisiert Prof. Johann Bauersachs von der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie. Außerdem seien die Studien ursprünglich zu anderen Zwecken entworfen worden, also gar nicht, um die Effekte von Digitalis zu untersuchen. „Aus den bisherigen Arbeiten können jedoch wichtige Hypothesen abgeleitet werden, die in weiteren Untersuchungen überprüft werden können“, so Bauersachs.
Bislang gibt es nur eine Studie, die von vornherein für die Bewertung von Digitalis designt wurde. Aus der 1997 veröffentlichten Untersuchung „DIG-Trial“ ging hervor, dass Patienten mit Herzschwäche unter Digoxin-Behandlung seltener ins Krankenhaus eingewiesen werden mussten. Außerdem verlängerte die Therapie mit einer niedrigen Dosis Digoxin das Leben der Patienten.
Digitalis-Studie sucht noch Teilnehmer
Eine ähnlich konzipierte Studie läuft seit einem Jahr in Deutschland unter Federführung der Medizinischen Hochschule Hannover. Hierfür werden noch Patienten mit chronischer Herzschwäche gesucht. Die Teilnehmer der „DIGIT-HF“-Studie werden nach dem Zufallsprinzip in verschiedene Arme eingeteilt. Bislang beteiligen sich über 40 Zentren, insgesamt sollen 2.200 Patienten einbezogen werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gibt rund 3,2 Millionen Euro dazu.
„Unsere Arbeit ist wichtiger denn je, um endlich Klarheit zu schaffen, ob Digitalis das Leben von Patienten mit Herzschwäche verlängert und verbessert“, betont Bauersachs. In der Studie wird auch zwischen den Digitalis-Präparaten Digitoxin und Digoxin unterschieden. Ersteres soll Bauchersachs zufolge wahrscheinlich vorteilhafter sein, als das häufiger eingesetzte Digoxin. Bis die Studienergebnisse vorliegen, bleibt dies allerdings nur Spekulation.
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