Dialyse: Risikofaktoren – und Präventionsmöglichkeiten
Wie sehr fallen einzelne Risikofaktoren ins Gewicht, wenn es um die Gesundheit unser Nieren geht? Das haben jetzt Wissenschaftler der Medizinischen Universität Innsbruck berechnet und dabei zeigte sich: Was die Waage anzeigt, ist offenbar nicht allein entscheidend, wenn es darum geht, die langfristige Gefahr für ein irreparables Nierenversagen mit Dialysepflicht einzuschätzen. „Relevant ist, was die Messungen von Harnsäure und Blutdruck und der TyG-Index ergeben“, heißt es in einer Mitteilung der österreichischen Universität. Der TyG-Index („Triglyceride-Glucose-Index“) ist ein relativ neuer Parameter, der sich aus Triglyceriden und Glucose zusammensetzt. In dieser Kombination ergibt er einen aussagekräftigen Messwert für Insulinresistenz im Körper.
Daten aus dem Dialyse- und Transplantationsregister
Für ihre Untersuchung zogen die Forscher die Daten von 100.269 Personen heran, die sich zwischen 1985 und 2005 in Vorarlberg einer Gesunden-Untersuchung unterzogen haben. Die Ergebnisse der ersten Vorsorgeuntersuchung, die im Mittel 23 Jahre zurücklag, glichen die Forscher mit den Einträgen des österreichischen Dialyse- und Transplantationsregisters ab. Anhand einer komplexen Mediationsanalyse errechneten die Wissenschaftler vom Institut für Medizinische Statistik und Informatik den Gesamteffekt von Übergewicht sowie den Effekt der einzelnen Einflussgrößen auf eine drohende Dialysepflicht.
Dialyse: Die Gefahr lauert in Stoffwechselgrößen
Mit einem Anteil von gerade mal einem Prozent ist Übergewicht alleine als Risikofaktor demnach vernachlässigenswert. Von Bedeutung seien aber die indirekten Risikofaktoren aus der Stoffwechseltätigkeit des Körpers, die damit zusammenhängen: erhöhter TyG-Wert, erhöhtes Cholesterin, Bluthochdruck, erhöhte Harnsäure.
Harnsäurewerte: Überraschend riskant für Nierengesundheit
Bei der Studie ergab sich folgende Gewichtung: Bluthochdruck mit 24 und ein hoher TyG-Index mit 33 Prozent sind – wie erwartet – zentrale Risikofaktoren, indem sie jeweils rund ein Drittel zur Gefahr eines Nierenversagens durch Übergewicht und Adipositas beitragen. Überraschend für die Wissenschaftler war, dass erhöhte Harnsäurewerte mit 30 Prozent von vergleichbar großem Einfluss sind. Dabei habe dieser Faktor in der Fachliteratur bisher kaum Berücksichtigung gefunden, heißt es in einem Statement der Forscher aus Österreich. Sehr niedrig fällt dagegen das Gefahrenpotential von erhöhten Cholesterinwerten (2 Prozent) aus.
Dialysepflichtigkeit: Risikofaktorenprofil entscheidend
Entscheidend für das langfristige Dialyserisiko sei damit letztlich das Risikofaktorenprofil, erläutert Statistik-Institutsleiter Hanno Ulmer anhand der Zahlen: „Während Normalgewichtige mit Risikofaktoren ein 4,5-fach erhöhtes Risiko gegenüber Normalgewichtigen ohne Risikofaktoren aufweisen, haben adipöse Personen ohne Risikofaktoren nur ein rund zweifach erhöhtes Risiko – mit Risikofaktoren jedoch ein 5,8-fach erhöhtes Risiko.“
Gesunder Lebensstil und Therapien können Dialyserisiko minimieren
Bei allen möglichen Gefahren zeigen die österreichischen Wissenschaftler aber auch eine positive Botschaft auf: Risikofaktoren für ein langfristiges Nierenversagen haben wenig mit Schicksal zu tun. „Alle Risikofaktoren sind dank Lebensstilveränderung und/oder entsprechender Therapie modifizierbar“, konstatieren die Forscher aus Innsbruck. Gewichtsreduktion sei ein wichtiger Nierengesundheitsfaktor, aber Normalgewicht noch kein Garant. Auch bei Normalgewichtigen erhöhe ein ungesunder Stoffwechselstatus mit Bluthochdruck, Insulinresistenz und erhöhter Harnsäure das Dialyserisiko. Übergewicht und Adipositas verschärften die Situation zusätzlich.
Zu den Chancen auf Prävention sagt der an der Studie beteiligte Oberarzt und Nephrologe Emanuel Zitt: „Normalgewicht, normaler Blutdruck und gesunder Stoffwechsel dagegen sind wahrscheinlich ein sehr hoher Garant für lebenslange Dialysefreiheit.“