Deutschland testet seine Neugeborenen jetzt auf schwere kombinierte Immundefekte

Kinder mit schweren kombinierten Immundefekten kommen scheinbar gesund auf die Welt. Doch ein kleiner Infekt kann für sie lebensbedrohlich sein
Anfang August wurde das Neugeborenen-Screening in Deutschland um einen Test auf schwere kombinierte Immundefekte (SCID) erweitert. Somit kann die lebensbedrohliche Krankheit rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Bei schweren kombinierten Immundefekten handelt es sich um angeborene Störungen, die durch einen schweren T-Zell-Mangel gekennzeichnet sind. T-Zellen sind Immunzellen, die für die Abwehr unerlässlich sind. Unbehandelte Kinder versterben meist innerhalb der ersten beiden Lebensjahre an Infektionen oder schwerer Autoimmunität.
Screening auf SCID rettet Leben
„Da Kinder mit SCID in den ersten Lebenswochen meist symptomfrei sind, ist das erweiterte Neugeborenenscreening für Patienten ohne familiäre Vorbelastung die einzige zuverlässige Methode, die Erkrankung möglichst früh und vor dem Eintritt lebensbedrohlicher Komplikationen zu erkennen“, sagt Prof. Catharina Schütz vom Bereich pädiatrische Immunologie am Universitätsklinikum Dresden.
Im Screening werden Biomarker bestimmt, die die Anzahl bestimmter, lebensnotwendiger Immunzellen bei Kindern widerspiegeln. Fehlt dieser Biomarker, sind die Betroffenen praktisch schutzlos Bakterien, Viren und Pilzsporen ausgeliefert, die lebensgefährliche Infektionen auslösen können. Wird die Krankheit erst nach Auftreten erster Symptome diagnostiziert, führt sie zu irreversiblen Organschäden und schlechten Erfolgsaussichten für eine Heilung.
Kinder können mit Stammzelltransplantation geheilt werden
Rechtzeitig diagnostiziert und behandelt, lassen sich betroffene Kinder jedoch mit einer Stammzelltransplantation heilen. „SCID ist langfristig nur heilbar, wenn der Patient ein funktionstüchtiges Immunsystem bekommt“, sagt Schütz. Dank der frühzeitigen Diagnose seien die Heilungschancen durch eine Stammzelltransplantation hervorragend.
Das erweiterte Neugeborenen-Screening testet aber nicht alle Immundefekte, sondern nur die allerschwersten Formen. Auffällig getestete Neugeborene sollten umgehend einer spezialisierten immunologischen Einrichtung vorgestellt werden, damit eine weiterführende Diagnostik und Therapie erfolgen können.
Ein Pieks in die Ferse – das war‘s
Das Neugeborenenscreening wird drei Tage nach der Geburt durchgeführt. Ärzte entnehmen den Kleinen Blut aus der Ferse und testen es auf 17 verschiedene Krankheiten: 13 Stoffwechselkrankheiten, zwei Hormonstörungen, die Mukoviszidose und jetzt eben auch schwere kombinierte Immundefekte sowie SCID.
Die Wahrscheinlichkeit, dass im Rahmen des Screening eine Krankheit entdeckt wird, liegt bei 1:1000. Am Universitätsklinikums Dresden konnte bereits Anfang August bei einem Neugeborenen einen SCID nachgewiesen werden. Die Ärzte bescheinigen ihm gute Heilungsaussichten.
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