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Deutschland ist tollwutfrei, aber …

Donnerstag, 27. September 2018 – Autor:
In weiten Teilen der Welt und sogar in einigen europäischen Ländern ist Tollwut weiterhin ein Problem. Nach WHO-Schätzungen sterben jährlich 59.000 Menschen an der Virusinfektion, vor allem in Asien und Afrika. Deutsche Touristen oder Geschäftsreisende sollten deshalb nicht an der falschen Stelle sorglos sein – und sich vor Reisen in Risikogebiete impfen lassen. Tollwut verläuft in aller Regel tödlich.
Hund räkelt sich auf Wiese mit gefletschten Zähnen

Früher war der Fuchs Hauptüberträger der Tollwut. Inzwischen sind es Hunde. – Foto: ©montikreativ - stock.adobe.com

Den letzten Tollwutfall bei Wildtieren gab es in Deutschland laut Robert-Koch-Institut im Jahr 2006 in der Nähe von Mainz bei einem Fuchs. Den letzten Tollwutfall bei einem Menschen 2007: Damals war ein deutscher Tourist in Marokko von einem streunenden Hund gebissen worden. 2008 schließlich wurde Deutschland offiziell für tollwutfrei erklärt. Vorausgegangen waren jahrelange systematische Bekämpfungsmaßnahmen: Haustiere wurden mittels Injektionen geimpft, Wildtiere (und hier vor allem der Hauptüberträger Fuchs) durch in der Natur ausgelegte Köder für die Schluckimpfung. Einzig bestimmte Fledermäuse können die Krankheit heute noch in sich tragen.

Treten die Symptome auf, ist es meistens schon zu spät

Auch wenn Deutschland zu den Ländern gehört, in denen die Tollwut ausgerottet werden konnte, ist das kein Grund, blauäugig zu sein.  Jeder, der in von Tollwut betroffene Länder reist, setzt sich weiterhin einem Risiko aus. Selbst in manchen europäischen Ländern ist die Tollwut bei Wild- und Haustieren nach wie vor ein Problem. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben weltweit jährlich rund 59.000 Menschen an Tollwut, die meisten davon in Entwicklungsländern in Asien (56 Prozent) und Afrika (44 Prozent).  Mit einem Anteil von 35 Prozent an den weltweiten Todesfällen steht Indien an der Spitze. Etwa 40 Prozent der Todesopfer sind Kinder unter 15 Jahren. Auch wenn die Zahl der Tollwut-Toten eine sehr kleine Dimension besitzt im Vergleich zu Massenkrankheiten wie Herz-Kreislauf oder Krebs: An Tollwut zu sterben, gilt seit Entdeckung dieser Krankheit im späten 19. Jahrhundert als ganz besonders grausam. Treten die Symptome auf, ist es meistens schon zu spät.

Die Symptomkette beginnt mit Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit und Brennen an der Bisswunde. Sind Gehirn und Nervenbahnen betroffen, kommt es zu Muskellähmungen und einer kurios klingenden, aber leidvollen Reaktion des Körpers: einer ausgeprägten Hydrophobie (Angst vor Wasser in jeder Form, der Patient kann nicht einmal mehr trinken und schlucken, Speichel fließt ihm aus dem Mund). Im letzten Stadium fällt der Patient ins Koma und stirbt an einer Lähmung der Atem- beziehungsweise Herzmuskulatur.

Überträger: Früher der Fuchs, heute der Hund

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch gilt dennoch als eher theoretisch. In der Regel erfolgt die Übertragung auf den Menschen durch Tierbisse. Früher galten – jedenfalls in Deutschland – die wild lebenden Füchse als Hauptüberträger des tödlichen Tollwut-Virus‘. Heute sind weltweit die meisten Todesfälle beim Menschen eine Folge von Bissen durch tollwutinfizierte Hunde. Eine Übertragung ist auch über Hautverletzungen oder einen direkten Kontakt von infektiösem Speichel mit der Schleimhaut möglich.

„Ohne vorherige Impfung oder entsprechende Maßnahmen nach einer möglichen Ansteckung verläuft die Infektion innerhalb von 15 bis 90 Tagen immer tödlich“, warnt der Bundesverband Praktizierender Tierärzte. Nur durch sofortige Impfung nach einer Biss-Infektion lässt sich der Ausbruch der Krankheit noch verhindern.

Tollwut-Ratschläge des Robert-Koch-Instituts (RKI):

Vorbeugung:

  • Bei Reisen in Risikogebiete: prophylaktische Impfung. Nur sie schützt vor Tollwut.
    Die Vorsorgeimpfung besteht aus drei Injektionen. Auffrischung alle zwei bis fünf Jahre.
  • Tollwütige Wildtiere verlieren oft die Scheu vor Menschen. Abstand halten, auf keinen Fall anfassen.

Wundversorgung:

  • Bei Tierbiss den Erreger aus der Wunde mit Wasser und Seifenlösung auswaschen.

Medikamentöse Behandlung:

  • In begründeten Verdachts- und Zweifelsfällen: sofort, spätestens binnen 24 Stunden.
    Je früher gehandelt wird, umso größer Schutz und Überlebenschancen.
  • Geimpfte Personen:
    Immunprophylaxe mit zwei aktiven Impfungen an den Tagen 0 und 3. Keine passive Immunisierung mit Tollwut-Immunglobulin nötig.
  • Ungeimpfte Personen:
    Bei oberflächlichem Kontakt mit tollwutverdächtigem Tier ohne Blutung (Kratzer): aktive Immunisierung mit Tollwut-Impfstoff.
    Bei blutigen Biss- und Kratzwunden: zusätzlich passive Immunisierung mit Tollwut-Immunglobulin am Tag 0 (Schutzwirkung: nahezu 100 Prozent).

Um eine Wiedereinschleppung der Tollwut nach Deutschland zu verhindern, gelten für mit Haustieren Reisende strenge Vorschriften. Der Tierärzteverband warnt davor, Hunde und auch Katzen – so süß sie auch seien – aus dem Urlaub illegal einzuschmuggeln. Selbst aus EU-Risikostaaten dürfen Tiere nur eingeführt werden, wenn sie gechipt sind, ein offizielles Veterinärdokument besitzen und mit Laborbestätigung wirksam gegen Tollwut geimpft sind.

Louis Pasteur: Impfstoff-Entdecker und Wein-Haltbarmacher

Der Welt-Tollwut-Tag findet jährlich auf Initiative der gemeinnützigen „Alliance for Rabies Control“ statt, der Allianz zur Eindämmung der Tollwut. Ziel ist es, die Krankheit bis zum Jahr 2030 weltweit auszurotten. Der Aktionstag 28. September ist der Geburtstag des  französischen Chemikers und Mikrobiologen Louis Pasteur, der entscheidende wissenschaftliche Beiträge zur Vorbeugung gegen Infektionskrankheiten durch Impfung geleistet hat. In den 1880er-Jahren entwickelte er den ersten wirksamen humanmedizinischen Impfstoff gegen Tollwut. Auch entdeckte er, dass der Verderb von Lebensmitteln auf die Aktivitäten von Mikroorganismen zurückzuführen ist. Als praktische Konsequenz daraus entstand das Verfahren der „Pasteurisierung“, bei der Getränke und flüssige Lebensmittel (Wein, Bier, Säfte, Flüssig-Ei) kurz und nur bis unter 100 Grad erhitzt werden. So werden sie von praktisch allen krankmachenden Keimen befreit, aber nicht völlig keimfrei gemacht (sterilisiert) und behalten damit Nährwert und Geschmack.

Foto: fotolia.com/montikreativ

Hauptkategorie: Medizin
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