
Der Deutsche Pflegetag 2019n befasst sich mit dem politischen Dauerbrenner Pflege. Am Donnerstag hat der Kongress in Berlin begonnen
Am heutigen Donnerstag beginnt der Deutsche Pflegetag in Berlin. Zu den Themen des dreitägigen Kongresses gehören unter anderem neue Versorgungsformen, Auswege aus der demografischen Falle, die Umsetzung der Pflegeberufereform und auch die Frage, ob Unternehmen mit der Pflege Geld verdienen dürfen. Auch neue digitale Lösungen für die ambulante und stationäre Pflege werden Thema sein. Bis Samstag werden rund 8.000 in Experten in der STATION-Berlin, dem Veranstaltungsort am Gleisdreieck erwartet.
Pflege ist ein politischer Dauerbrenner
Pflege ist ein politischer Dauerbrenner. Bundesweit sind zehntausende Stellen in der Pflege unbesetzt. Pflegekräfte fühlen sich durch zu wenig Kollegen häufig überfordert, nicht ausreichend wertgeschätzt und bei fordernder Arbeit nicht angemessen bezahlt. Dem steht eine wachsende Zahl Pflegebedürftiger gegenüber. Laut dem Pflegereport des Statistischen Bundesamts sind aktuell mehr als 3,4 Millionen Bundesbürger pflegebedürftig, haben also einen anerkannten Pflegegrad. Dreiviertel der Pflegebedürftigen leben zu Hause und werden überwiegend von Angehörigen versorgt. Pflegende Angehörige werden darum auch als „größter Pflegedienst Deutschlands“ bezeichnet. Bei rund 830.000 Pflegebedürftigen übernehmen ambulante Pflegedienste zusätzlich die Pflege, manchmal auch komplett.
Smarte Pflege noch nicht die Regel
Da die meisten Menschen am liebsten zu Hause wohnen bleiben möchten, es künftig aber auch immer weniger Angehörige geben wird, wird nach neuen Lösungen gesucht. Eine Möglichkeit sind technische Assistenz- und Überwachungssysteme für den häuslichen Bereich – die sogenannte smarte Pflege. Bis auf den Hausnotruf mit seinen 750.000 Nutzern werden solche Systeme bislang allerdings kaum genutzt. Experten der Johanniter Unfallhilfe berichten, dass Pflegebedürftige bzw. ihre pflegenden Angehörigen durchaus bereit seien, für zusätzliche Dienste zu bezahlen. Jedoch werde der Mehrwert von technischen Leistungen in der Regel nicht gesehen. Zu solchen Leistungen gehören unter anderem Videosysteme oder an den Hausnotruf gekoppelte Sensoren, die messen, ob jemand am Morgen die Kaffeemaschine anstellt. Zum Thema „Smarte Pflege“ referiert am Donnerstagnachmittag unter anderem die Techniker Krankenkasse.
Präventive Hausbesuche noch Modell
Ein anderer Ansatz sind präventive Hausbesuche für Senioren. Dabei besuchen speziell geschulte Pflegekräfte noch weitgehend selbstständige und gesunde Ältere zwischen 75 und 80 Jahren und beraten, was im Pflege- oder Krankheitsfall zu tun ist. In Deutschland gibt es seit rund 20 Jahren derartige Modellversuche. Studien des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP) belegen, dass diese Modelle durchaus sinnvoll sind: „Die Studienergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass präventive Hausbesuche sehr gut geeignet sind, ältere Menschen frühzeitig zu erreichen, zu sensibilisieren, zu informieren, zu befähigen und sie dabei zu unterstützen, sich mit dem eigenen Risiko der Pflegebedürftigkeit auseinanderzusetzen", sagt DIP-Vorstandschef Prof. Frank Weidner.
Dadurch könnten sich die Senioren rechtzeitig gezielter informieren, fühlten sich oft sicherer und könnten bei Bedarf besser Hilfe und Unterstützung für sich organisieren. Ganz nebenbei lieferten die Hausbesuche wertvolle Informationen für Kommunen und weitere Akteure zu Pflege- und Betreuungsbedarfen in Quartieren und Stadtteilen, um genauer planen zu können.
Weidner fordert deshalb, präventive Hausbesuche für Senioren hierzulande flächendeckend anzubieten. „Damit löst die Bundesregierung auch ein Versprechen ihres Koalitionsvertrags ein.“
Am Freitagmorgen wird Weidner über präventive Hausbesuche in der Session „Ambulante Versorgung – neu gedacht“ im Rahmen des Deutschen Pflegtags 2019 referieren.
Foto: AOK Mediendienst