Deutsche nutzen die freie Arztwahl
Es wird zwar immer viel am deutschen Gesundheitssystem herumkritisiert. Doch viele Dinge sind so selbstverständlich, dass sie kaum auf die Habenseite gebucht werden. Zum Beispiel die freie Arztwahl. Und von diesem Privileg machen die Deutschen reichlich Gebrauch. Knapp zwei Drittel der Deutschen gehen direkt zum Facharzt, ohne sich vom Hausarzt überweisen zu lassen. Das geht aus einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage im Auftrag der BARMER GEK hervor.
65 Prozent der Befragten geben laut Barmer-Umfrage zwar an, dass sie sich bei der Suche nach einem Facharzt durch ihren Hausarzt ausführlich beraten lassen. Dennoch gingen 59 Prozent der 1.000 befragten Bürger, die seit Jahresbeginn einen Facharzt besucht haben, ohne eine Überweisung dorthin. Eine Überweisung vom Hausarzt ist seit Wegfall der Praxisgebühr zu Jahresbeginn in dem meisten Fällen ohnehin nicht mehr nötig. Eine Ausnahme sind zum Beispiel Radiologen.
Facharztbesuche: Nach Wegfall der Praxisgebühr noch kein Anstieg zu verzeichnen
Laut Umfrage werden am häufigsten Orthopäden aufgesucht - jeder fünfte Facharztbesuch führt hier hin. Danach folgen Frauenärzte und Augenärzte (11% bzw. 10 %) sowie Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und Hautärzte ( (9% bzw. 8%). Die Mehrheit (61 %) gab an, sich mit medizinischen Themen gut auszukennen und genau zu wissen, wann sie direkt zum Facharzt gehen muss. Dies trifft insbesondere auf ältere Menschen ab 65 Jahren zu.
Dass viele Deutsche den direkten Draht zum Facharzt suchen, war schon in der Vergangenheit so. Es sei bekannt, dass zwei von drei Patienten den direkten Facharztzugang wählen, meint der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK Dr. Rolf-Ulrich Schlenker. „Noch können wir nicht erkennen, dass der Wegfall der Praxisgebühr zu einem Anstieg der direkten Facharztkontakte führt und die Rolle des Hausarztes als Lotse bröckelt“, so Schlenker. Belastbare Fakten zur Entwicklung der Kontaktraten und Behandlungsfälle im fachärztlichen Bereich werde es wohl aber erst geben, wenn Daten für einen längeren Zeitraum vorlägen, meint der Barmer-Chef.
Der Deutsche geht rund 17 Mal im Jahr zum Arzt
Auch bei den Wartezeiten zeigen sich bislang keine Auswirkungen. 77 Prozent der Facharztbesucher spürten bei der Vereinbarung des Termins keine Veränderungen, für jeden zehnten schien dies sogar einfacher zu klappen. Auch die Wartezeit in der Praxis hat sich für acht von zehn Befragten nicht merklich verändert, seit die Praxisgebühr zum Jahresbeginn wegfiel.
Im internationalen Vergleich ist die Zahl der Arztbesuche in Deutschland sehr hoch. Während die Schweden im Durchschnitt weniger als drei Mal im Jahr zum Arzt gehen, suchen die Deutschen 17 Mal im Jahr einen Arzt auf. Die häufigste Diagnose von niedergelassenen Ärzten lautet Rückenschmerzen. Etwa ein Viertel der Deutschen lässt sich jährlich deswegen behandeln. Das dürfte auch erklären, warum Orthopäden am häufigsten von allen Fachärzten aufgesucht werden.
Foto: Barmer GEK