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Depressionen: Entzündungswerte geben Hinweis auf Suizidrisiko

Freitag, 12. März 2021 – Autor: anvo
Chronische Entzündungen und Depressionen könnten eine gemeinsame genetische Ursache haben. Im Fokus jüngster Forschung steht der Entzündungsmarker Interleukin-6 (IL-6), der sich als potenzieller Risikofaktor für Suizidalität erwiesen hat.
Depression

Depressionen können verschiedene Ursachen haben; auch chronische Entzündungsprozesse im Körper können zu ihrer Entstehung beitragen – Foto: Photographee.eu - Fotolia.com

Immer öfter finden sich in Studien Hinweise darauf, dass Entzündungen und Depressionen eng zusammenhängen. „Wir haben uns die Frage gestellt, ob Entzündungen einen gemeinsamen genetischen Hintergrund mit einzelnen depressiven Symptomen teilen und ob sie sogar für deren Entstehung mitverantwortlich sind“, so Nils Kappelmann vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) in München. Wissenschaftler des MPI, der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der University of Cambridge hatten eine Reihe genetischer Varianten analysiert, die unter anderem mit erhöhten Entzündungswerten und dem Body-Maß-Index (BMI) als Marker für Übergewicht und Regulierungsstörungen des Stoffwechsels in Verbindung stehen.

Interleukin 6 als Biomarker für erhöhtes Suizidrisiko

Die Forscher konnten die These bestätigen, dass Regulierungsstörungen des Immunsystems und des metabolischen Stoffwechsels eine gemeinsame genetische Basis mit depressiven Symptomen haben. So scheint ein hoher BMI ursächlich mit den vier Depressionssymptomen Freud- und Interessenslosigkeit, Appetitveränderungen, Erschöpfung und Unzulänglichkeitsgefühlen in Zusammenhang zu stehen. „Überrascht hat uns außerdem, dass erhöhte Entzündungswerte, speziell Interleukin-6 (IL-6), einen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für Suizidalität geben“, so Studienleiter Kappelmann. IL-6 spielt bei der Regulation des Immunsystems eine Schlüsselrolle und ist ein Marker für das Entzündungsgeschehen im Körper.

Entzündungshemmer gegen Depressionen?

Depressionen äußern sich bei Menschen ganz unterschiedlich mit teils widersprüchlichen Symptomen. Eine Subgruppe, die als immuno-metabolische Depression bezeichnet wird und circa ein Viertel aller Patienten umfasst, weist Regulierungsstörungen des Immunsystems und des Stoffwechsels auf. Diese Patienten sprechen in der Regel schlechter auf klassische Antidepressiva oder Psychotherapie an. Entzündungshemmer, wie IL-6-hemmende Medikamente, könnten deshalb ein neuer Ansatz zur medikamentösen Therapie der Depression und Prävention von Suizidalität für diesen Subtyp sein.

„Diese Erkenntnisse haben klinische Relevanz, da sie dazu beitragen können, frühzeitig jene Patienten zu identifizieren, die auf eine Immuntherapie besser ansprechen als auf Antidepressiva,“ sagt Elisabeth Binder, Direktorin des MPI. „Außerdem könnte die Behandlung von Suizidalität verbessert werden. Hierfür ist allerdings noch weitere klinische Forschung erforderlich.“

Zusammenspiel von Zytokinen und Depressionen noch nicht hinreichend geklärt

Die Ursachen von Depressionen sind immer noch nicht hinreichend verstanden. Seit längerem wird jedoch vermutet, dass Immunbotenstoffe, sogenannte Zytokine, an der Entstehung depressiver Störungen beteiligt sein könnten. Diese werden während einer Entzündung von den aktivierten Immunzellen freigesetzt. Interleukin-6 gehört zur Gruppe der proinflammatorischen Zytokine.

Schon frühere Studien konnten zeigen, dass Zytokine depressive Symptome triggern können. So zeigte sich, dass depressive Symptome im Rahmen einer Infektion umso stärker ausgeprägt sind, je höher die Konzentration des Immunbotenstoffs ist. Von einigen Wissenschaftlern wird vermutet, dass IL-6 über die Blutbahn das Gehirn erreichen und hier durch die Modulation neuronaler Prozesse eine Depression bewirken könnte.

Hauptkategorie: Medizin
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