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Depression und Suizidalität im Alter oft nicht erkannt

Donnerstag, 17. Mai 2018 – Autor: anvo
Bei Senioren werden Depressionen noch häufiger übersehen als bei jüngeren Menschen. Ein Online-Programm soll Pflegekräften helfen, Depressionen besser zu erkennen und mit betroffenen Patienten umzugehen.
Depressionen im Alter, Suizidrisiko im Alter, Depressionshilfe

Im Alter nimmt das Suizidrisiko zu

Rund 35 Prozent aller Suizide werden von Menschen über 65 Jahren verübt. Insgesamt werden in Deutschland jedes Jahr etwa 10.000 Suizide und 150.000 Suizidversuche begangen. In den allermeisten Fällen steht eine psychische Erkrankung dahinter, am häufigsten eine Depression, die nicht optimal behandelt wurde. Deshalb ist die Aufklärung über Depressionen und die Prävention von Suiziden so wichtig – auch und besonders für Senioren und deren Betreuer. Das teilt die Deutsche Depressionshilfe mit. Nach Auffassung der Stiftung kommt dabei den ambulanten Pflegekräften sowie den pflegenden Angehörigen große Bedeutung zu, da ein Großteil der 2,9 Mio. Pflegebedürftigen zu Hause versorgt wird und die Pflegekräfte oft der einzige regelmäßige Ansprechpartner für die Betroffenen sind.

Depressionen oft übersehen

„Bei Senioren wird die Depression noch häufiger als bei jüngeren Menschen übersehen“, erläutert Professor Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe das Problem. „Depressive Symptome wie Hoffnungs- und Freudlosigkeit, Schlafstörungen oder Erschöpfungsgefühl werden oft nicht als Ausdruck einer eigenständigen schweren Erkrankung gesehen, sondern als nachvollziehbare Folge auf die Bitternisse des Alters oder Ausdruck körperlicher Begleiterkrankungen fehlinterpretiert“, so der Experte. Zudem könne die Depression durch Sprech- und Denkhemmungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen Ähnlichkeiten mit einer Demenz aufweisen und somit mit dieser verwechselt werden.

Wie bei allen schweren Krankheiten sollten Angehörige und Pflegekräfte bei dem Verdacht auf eine Depression Sorge tragen, dass der Erkrankte so schnell wie möglich ärztliche Hilfe erhält. Die Erkrankung ist auch im Alter mit Antidepressiva und Psychotherapie gut behandelbar. „Die Behandlung mit Antidepressiva ist allerdings etwas schwieriger, u.a. wegen der häufigen weiteren Medikamente, die die Patienten einnehmen und möglicher Medikamentenwechselwirkungen. Psychotherapie ist sinnvoll, wird aber älteren depressiv erkrankten Menschen nur äußerst selten angeboten“, so Hegerl.

Online-Training unterstützt Pflegekräfte

Um Pflegekräfte zu unterstützen, entwickelt die Depressionshilfe zurzeit ein E-Learning-Programm zum Thema „Altersdepression und Umgang mit Suizidalität“. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert und in Kooperation mit dem Deutschen Bündnis gegen Depression umgesetzt. 

Das etwa zweistündige Programm vermittelt Wissen, zeigt erste Handlungsmöglichkeiten auf und stellt in Videosequenzen den Umgang mit depressiv Erkrankten im Pflegealltag exemplarisch dar. Ziel ist es, durch die Schulung von Altenpflegekräften und pflegenden Angehörigen das Erkennen von Depression bei älteren Pflegebedürftigen zu erleichtern sowie Sicherheit im Umgang mit depressiv Erkrankten und Suizidalität zu fördern. Zudem werden Informationen zu Anlaufstellen vermittelt, bei denen betroffenen Senioren professionelle Hilfe finden.

Das E-Learning-Tool soll im Jahr 2019 in die erste Erprobungsphase gehen, dann noch einmal optimiert werden und danach kostenfrei für ambulante Pflegekräfte (auch mit Fortbildungszertifikat) sowie für pflegende Angehörige zur Verfügung gestellt werden. Wer Interesse hat, das Programm vorab im Pilotprojekt zu nutzen und Verbesserungsvorschläge einzubringen, kann sich an die Stiftung Deutsche Depressionshilfe wenden. An der Pilotstudie können ambulante Pflegedienste in ganz Deutschland teilnehmen.

Foto: © Kzenon - Fotolia.com

Hauptkategorien: Demografischer Wandel , Medizin

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