Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Depression ist nicht gleich Depression

Mittwoch, 19. März 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
Der allgemeine Befund „Depression“ verschleiert oft wichtige Unterschiede bei den Symptomen von Patienten mit Depressionen und kann eine angemessene Therapie verhindern. Davor warnen Wissenschaftler der Freien Universität Berlin und der Arizona State University.
Differentialdiagnostik bei Depressionen nötig

Studie: Trauer ist das größte Problem bei Depressionen – Foto: eyetronic - Fotolia

Daten von mehr als 3700 depressiven Patienten in der ambulanten Behandlung in den USA wertete der klinische Psychologe und Psychopathologe Dr. Eiko Fried von der Freien Universität Berlin gemeinsam mit dem US-amerikanischen Forscher Professor Randolph Nesse aus. Die Wissenschaftler analysierten, wie stark 14 verschiedene Depressionssymptome das psychosoziale Verhalten der Patienten beeinträchtigen.

Trauer macht die meisten Probleme

Dabei wiesen die Forscher nach, dass bestimmte Symptome einer Depression besonders stark mit sogenannten psychosozialen Beeinträchtigungen einhergehen. Das gilt zum Beispiel für Trauer und Konzentrationsschwierigkeiten. Diese beiden Symptome hatten auf alle Verhaltensfelder den stärksten negativen Einfluss. Die Forscher zeigten auch, dass andere Symptome besonders starke negative Effekte auf bestimmte psychosoziale Verhaltensfelder haben. So wirkt sich Interessensverlust in Bezug auf soziale Aktivitäten besonders stark negativ aus und Selbstvorwürfe beeinflussen vor allem das Verhalten in Beziehungen. Fried und Nesse gehen auf der Grundlage dieser Studienergebnisse davon aus, dass die Diagnose „Depression“ zu allgemein sein kann, um eine Behandlung zu gewährleisten, die effektiv ist und dem symptomatischen Zustand des Patienten entspricht.

Studienergebnisse gelten auch für Deutschland

Die Studie mit dem Titel "The Impact of Individual Depressive Symptoms on Impairment of Psychosocial Functioning" ("Die Auswirkung von individuellen depressiven Symptomen auf die Beeinträchtigung psychosozialen Verhaltens") und wurde in der Fachzeitschrift PLoS ONE veröffentlicht. „Unsere Studie basiert auf einer großen Anzahl depressiver Patienten aller Altersklassen und sozialen Schichten. Dies ist gerade bei klinischen Studien selten der Fall, da häufig nur stark vorausgewählte Personengruppen teilnehmen können“, sagt Fried. Ein weiterer Vorteil sei, dass die untersuchten Patienten bei Erhebung der Daten nicht unter dem Einfluss von Antidepressiva standen. „Die Ergebnisse sind daher auch auf Europa bzw. Deutschland übertragbar, da keine Unterschiede in der Medikamentenverfügbarkeit und -Einnahme bestanden haben“, so Fried weiter.

Depressionen

Depressionen gehören zu den bedeutendsten psychischen Erkrankungen. Weltweit leiden 16-20 Prozent der Menschen zumindest einmal im Leben an einer klinisch relevanten depressiven Störung. Frauen sind öfter betroffen als Männer. Das Robert Koch-Institut (RKI) misst Depressionen aufgrund ihrer Häufigkeit, Komplikationen und Folgen eine herausragende gesundheitspolitische und gesundheitsökonomische Bedeutung zu. Depressionen stehen in Ländern mit mittlerem oder hohem Einkommen an erster Stelle der Krankheitslast. Die Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund affektiver Störungen haben sich laut RKI zwischen 2000 und 2011 mehr als verdoppelt, mit einem etwas höheren Anstieg bei Frauen als bei Männern. Auch die Krankenkassen in Deutschland berichten in den letzten Jahren von einer deutlichen Zunahme von Krankschreibungen aufgrund psychischer und vor allem depressiver Störungen.

Foto: eyetronic - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin

Weitere Nachrichten zum Thema Depressionen, psychische Erkrankungen

15.10.2019

Ein Antibiotikum kann depressives Verhalten vermindern – das zeigt eine aktuelle Studie. Wirksam ist dabei offenbar eine Veränderung der Darmflora und eine daraus resultierende Hemmung von Entzündungsprozessen im Gehirn.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin